Beim Lernen können neuromorphe Systeme ihre Stärken am besten ausspielen: Erkenntnisse, die Neurowissenschaftler bei der Erforschung der Lernfähigkeit des Gehirns und der Verschaltung von Neuronen gewonnen haben, lassen sich unmittelbar in elektronische Modelle übertragen und erproben.

© Kirchhoff-Institut für Physik/ BrainScaleS
Ein erstes Modell
Unsere Forschergruppe hat ein „hybrides Plastizitätsmodell“ entwickelt, in das gleichermaßen Erkenntnisse der Neurowissenschaft, der Elektronik und der Informatik eingeflossen sind. Für jede mögliche Verbindung zwischen elektronischen Nervenzellen hält unser Plastizitätsmodell eine Schaltung bereit, um die Signalflüsse messen zu können. Ein herkömmliches Computersystem könnte diese Aufgabe niemals auch nur annähernd so effizient und kompakt ausführen. Alle Signale müssen dazu simultan überwacht werden – eine Aufgabe, welche die Natur problemlos auf Billiarden von Synapsen gleichzeitig beherrscht.
Verglichen mit dem natürlichen Vorbild sind unsere derzeitigen elektronischen Systeme nur bescheidene Miniaturversionen. Im künftigen „Institut für Neuromorphes Computing“ der Universität Heidelberg sind jedoch je nach Ausbaustufe neuromorphe Systeme bis hin zu einer Billion Verbindungen möglich. Damit ließe sich das Lernen von komplexen Funktionen erproben, zum Beispiel von Bewegungsabläufen humanoider Roboter.
Entscheidend dafür ist: Die parallelen Messungen aller Signalflüsse zwischen Nervenzellen müssen von einem speziellen Rechnerkern innerhalb desselben Mikrochips verarbeitet werden. Nur dann kann der Rechnerkern die Messergebnisse für alle Signalflüsse schnell und direkt auswerten, ohne Informationen über Distanzen von mehr als einigen wenigen Millimetern austauschen zu müssen.