Phänomene

Erst Fliegen, dann Käfer

Wie die forensische Entomologie funktioniert

Wenn eine Leiche gefunden wird, können tierische Helfer einiges über das Geschehen verraten: „Es gibt zwei Methoden, um den Zeitpunkt des Todes mithilfe der Forensischen Entomologie zu bestimmen“, erklärt Ersin Karapazarlioglu von der Ruhr-Universität Bochum. „Entweder betrachtet man das Alter der Maden, die man auf einer Leiche findet, oder man schaut sich die verschiedenen Arten von Insekten am Tatort an.“

Diese beiden Verfahren liefern Erkenntnisse auf unterschiedlichen Zeitskalen. Das Madenalter verrät den Todeszeitpunkt einige Tage bis wenige Wochen nach dem Versterben; die Insektenzusammensetzung kann dagegen auch noch Monate nach dem Tod zurate gezogen werden.

insekten
Die Art der auf oder in einer Leiche gefundenen Insekten verrät, wie lange sie schon tot ist. © Roberto Schirdewahn/ RUB

Wer kommt wann?

Dahinter steckt Folgendes: Bestimmte Fliegenarten legen schon ein bis zwei Stunden nach dem Tod ihre Eier in das Gewebe einer Leiche. Einige Tage später schlüpfen Maden, die von Tag zu Tag größer werden. Findet man an einem Tatort also eine Made in einem bestimmten Entwicklungsstadium, kann man zurückschließen, wie viele Tage sie alt ist und somit wann die Eier gelegt wurden – das entspricht dann auch ungefähr dem Zeitpunkt des Todes.

Diese Methode funktioniert etwa einen Monat lang; dann haben sich die Maden in Fliegen verwandelt, und ein anderes Verfahren muss her. Hier helfen Spezies, die sich nicht ganz so schnell am Tatort einfinden wie die Fliegen, etwa diverse Käfer, die erst in einem späteren Verwesungsstadium auftauchen. Das Vorkommen bestimmter Arten am Tatort hilft Ermittlerinnen und Ermittlern abzuschätzen, wie viele Wochen oder Monate der Tod zurückliegt.

Umweltfaktoren beeinflussen die „Insektenuhr“

„Beide Methoden hängen aber stark von Umwelteinflüssen ab“, sagt Karapazarlioglu. Die Temperatur bestimmt etwa maßgeblich mit, wie schnell der Entwicklungszyklus einer Spezies vonstattengeht. Auch die Zusammensetzung der Erde oder die Feuchtigkeit haben einen Einfluss. Hinzu kommt, dass auf dem Land andere Insektenspezies vorkommen als in der Stadt – für Kriminalbeamtinnen und -beamte gilt es also, viele Hintergrundinformationen mit einzubeziehen.

Ersin Karapazarlioglu erforscht aktuell, welche Insektenarten in Deutschland im Verlauf der Jahreszeiten am Verwesungsprozess beteiligt sind – und ob es einen Unterschied macht, wie tief in der Erde vergraben ein Körper liegt. „Nach einem Mord werden Leichen häufig vergraben, um die Spuren der Tat zu vertuschen, allerdings nicht besonders tief“, sagt er. Daher kann der Verwesungsprozess ein anderer sein als tief unter der Erde – untersucht wurde das bislang allerdings kaum.

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Wenn Maden einen Mord aufklären
Insekten als Helfer bei kriminologischen Ermittlungen

Krabbelnde Helfer
Insekten als Kriminalassistenten

Erst Fliegen, dann Käfer
Wie die forensische Entomologie funktioniert

Forschung am toten Objekt
Schafe, Insekten und ein Beobachtungsgrab

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