Charles Darwin wird am 12. Februar 1809 als zweiter Sohn und fünftes Kind des Arztes Robert Darwin und Susanna Wedgwood geboren. Darwins Familie steht in der Tradition von wissenschaftlich und gesellschaftspolitisch aktiven Männern. Beide Großväter waren Mitglieder der Royal Society, Erasmus Darwin Mediziner mit Ambitionen für Theorien zur Entstehung des Lebens. Selbst kein ausgesprochener Lamarckist, verfasste er für die Historie wohl bedeutendstes Werk, die „Zoonomia“.
Als Darwin acht Jahre ist, verliert er die Mutter, die mit erst 30 Jahren an einem mysteriösen Gallen-Nieren-Versagen stirbt – eine Krankheit, die auch Darwin mit ganz ähnlichen Symptomen nach der Fahrt auf der Beagle begleiten wird. Der Junge kommt in ein Internat nach Screwsbury. Der Stoff der im viktorianischen Zeitstil geführten Schule ist nichts, was Darwin sonderlich anspricht – entsprechend fallen auch seine Leistungen aus. Wird er in der Schule dem guten Durchschnitt zugerechnet, beurteilt er später seine Leistungen lediglich als mittelmäßig.
Darwins wahre Interessen entfalten sich auch eher in der Freizeit. Er beginnt schon jetzt, Insekten und Pflanzen zu sammeln und auf die Jagd zu gehen. Über diese Formen der Sammelleidenschaft hinaus legt er gemeinsam mit seinem Bruder Erasmus im heimatlichen Schuppen ein improvisiertes Labor an, dessen geruchsintensive Spuren ihn wohl begleitet haben müssen. Wie sonst wäre er zu dem Spitznamen „Gas“ gekommen, den ihm seine Klassenkameraden in dieser Zeit verleihen.
Die schulischen Leistungen seines jüngsten Sohnes machen Robert Darwin Sorgen, und wohl aus diesem Grund entscheidet er über den Kopf des mittlerweile 16-jährigen Charles hinweg, dass die berufliche Weiterentwicklung als Arzt für ihn der richtige Weg sei. Darwin wehrt sich nicht, kann oder will der väterlichen Autorität nichts entgegensetzen – und geht gemeinsam mit seinem Bruder Erasmus für zwei Jahre nach Edinborough. Auch hier ist es wiederum nicht der gradlinige Weg zum Erfolg, der Darwin intellektuell herausfordert. Das Medizinstudium interessiert ihn nicht und stößt in teilweise ab. Halbherzig hört er Vorlesungen der Medizin, wendet sich aber im wesentlichen seinen eigenen Interessen zu – den Studien der Natur.
Botanik, Zoologie, Geologie, Mineralogie sind seine Fächer. Später wird er bedauern, nicht die Vorlesungen von George Lyell, der zu seiner Studienzeit eine Professur für Geologie innehat und dessen Aktualismustheorie für Darwin außerordentliche Bedeutung gelangen wird. In dieser Zeit beschäftigte er sich auch – mehr oder minder intensiv – mit den Schriften seines Großvaters, der „Zoonomia“ und dem 1801 erschienen Werk Lamarcks „Système des animaux sans vertèbres“. Auch wenn er das Werk seines Großvaters bewundert, die Begeisterung seines Lehrers Grant, einem entschiedenen Lamarckisten, kann er nicht aufbringen.
Das Studium der Medizin scheitert, sehr zum Verdruß des Vaters. Den heimgekehrten 19-jährigen Darwin schickt er zum Theologiestudium nach Cambridge. In den höheren sozialen Schichten der viktorianischen Zeit ist dieser Berufstand durchaus gut angesehen und gilt als gut geeignet für Söhne ohne ausgesprochen ausgeprägte Neigung. Wiederum widersetzt sich Darwin seinem Vater nicht – vielleicht auch in der Kenntnis, das viele Geistliche Zeit und Muße für Naturstudien aufbringen konnten. Auch wenn er den Dogmen des religiösen Weltbildes nicht verhaftet ist, so sieht er es anscheinend durchaus als realistisch an, diesen Beruf später einmal auszuüben.
Es ist nicht abzusehen, das seine späteren Theorien den theologisch noch indifferenten jungen Darwin zum überzeugten Agnostiker machen und in der wissenschaftlich-theologischen Diskussion über die Entstehung der Welt einen Flächenbrand auslösen werden.
Die folgenden drei Jahre am Christ College in Cambridge lernt er und schließt das Studium 1830 mit Erfolg ab. Außerhalb seiner Pflichtveranstaltungen hört Darwin Vorlesungen bei dem Geistlichen Professor John Henslow und findet in ihm einen Freund und Tutor. Henslow ist es auch, der den frisch graduierten Darwin 1831 Kapitän Robert Fitzroy empfiehlt, der gerade das Forschungsschiff Beagle für eine Reise um die Welt vorbereitet…
Stand: 03.05.2000