Der Monsun ist nicht nur über Meeresströmungen mit anderen Klimazonen verbunden, sondern wird selbst beeinflusst von regionalen Klimaereignissen mit weltweiten Auswirkungen. So wie das ENSO-Phänomen den Süd-Pazifik bestimmt, ist der Golfstrom der Klimamotor für den nördlichen Atlantik-Raum – und darüber hinaus.
Eine internationale Forschergruppe belegte Anfang 2003 einen engen Zusammenhang zwischen den Temperaturschwankungen im Nord-Atlantik und Veränderungen des Monsuns in Asien. Die Amerikaner David Anderson von der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) und Jonathan Overpeck von der Universität Arizona untersuchten in Zusammenarbeit mit dem Inder Anil Gupta vom Indian Institute of Technology Bodenproben aus dem Arabischen Meer, die Hinweise auf die Entwicklung des Monsuns in den letzten 10.000 Jahren enthalten. Die Konzentration von harten Schalen bestimmter Einzeller in den Bodenschichten gibt Auskunft über Windstärke und Niederschlag des Monsuns zu ihrer Lebenszeit. Denn die kleinen Planktontierchen vermehrten sich besonders zahlreich, wenn starker Monsunwind das Wasser gegen die afrikanische Küste drückte und kalte nährstoffreiche Tiefenströmungen an die Oberfläche stiegen.
Der Fund einer hohen Konzentration von Planktonschalen deutet ausgerechnet zwischen den Jahren 800 und 1300 auf einen besonders ausgeprägten Monsun hin – genau in der Zeit der mittelalterlichen Warmperiode Europas. Der Golfstrom, die treibende Kraft für das europäische Klima, führt im Normalfall warme Meeresströme vom Äquator bis nach Island, um sie dort mit kalten Wassermassen zu mischen. Doch die ungewöhnlich hohen Temperaturen am Ende des ersten Jahrtausends ließen Teile der Eismassen am Nordpol schmelzen, so dass Dichte und Salzgehalt im Nordatlantik zu verdünnt waren, um den Kreislauf des Meeresstroms in Schwung zu halten. Das Förderband blieb stehen und ohne das warme Äquatorwasser wurde das Klima in Europa eisig. Als die „Kleine Eiszeit“ zwischen den Jahren 1300 und 1800 Europa mit Schnee und Eis überzog, flaute der Monsun ab zu einem lauen Lüftchen.
Doch der Schnee bedeckte nicht nur die Gebirge Europas. Jonathan Overpeck spekuliert, ob auch etwa das Hochplateau von Tibet, vom kalten Wind aus Europa abgekühlt, in solchen Käteperioden länger von Schnee bedeckt war. Dadurch konnte sich im Sommer erst verspätet und abgeschwächt ein Hitzetief bilden, das vermutlich nicht ausreichte die Passatwinde anzuziehen.
Als Auslöser für die mittelalterliche Klimaveränderung gelten periodische Schwankungen in der Sonnenausstrahlung. Unklar ist den Monsunforschern dennoch, ob die Sonne lediglich Einfluss auf die Nord-Atlantische Zirkulation hatte, wodurch der Golfstrom auch das asiatische Klima beeinflusste. Oder ob die Auswirkungen der Sonne auch direkt das regionale Klimasystem Asiens verändert hat.
Schützt der Monsun vor Eiszeiten in Asien?
Die Verbindung des Monsuns zu Klimaveränderungen im Atlantikraum haben Forscher zusätzlich anhand von abgelagertem Eisenoxid aus dem Nord-Atlantik bewiesen. Die als Indikator für Eiszeiten geltenden Ablagerungen traten besonders häufig genau dann auf, wenn auch der Monsun in Indien schwächelte. Über sieben Schwächephasen des Monsuns in den letzten 80.000 Jahren konnten die Forscher mit solchen ungewöhnlichen Kaltwasserströmungen im Nord-Atlantik belegen. Ist Europa warm, bringt der Monsun Wind und Regen – wird es aber kalt, bleibt Südasien trocken.
Mittlerweile hat bei der Klimaerwärmung auch der Mensch seine Hand im Spiel. Die drei Klimaforscher haben bereits erste Auswirkungen auf den Monsun festgestellt: So hat sich mit dem Temperaturanstieg in den letzten vier Jahrzehnten auch der Monsun wieder verstärkt. Der deutsche Axel Thomas von der Johannes Gutenberg Universität Mainz hat für die Heizfläche des tibetischen Hochplateaus immer trockenere Bedingungen seit 1954 gemessen. Je trockener die Region, desto ausgeprägter das Luftdrucktief im Sommer, was stärkere Monsune zur Folge hat.
Die Wiederholung der Klimafolgen aus dem Mittelalter ist ein mögliches Schreckensszenario, das die Meteorologen für die Zukunft zeichnen. Mit der zunehmenden Klimaerwärmung könnten die polaren Eiskappen schmelzen, dadurch käme der Golfstrom erneut zum Erliegen und zumindest Europa würde in einer Eiszeit versinken. Dies könnte zwar den Monsun schwächen, sein klimatischer Einfluss auf Asien soll aber, so die Prognosen, eher wachsen: Der Japaner Takeshi Nakagawa von der Universität Newcastle sieht den Monsun als riesige Klimabarriere, die Asien vor der nordatlantischen Abkühlung schützt. In Bodenproben aus Japan hat der Klimatologe Hinweise darauf gefunden, dass die Abkühlung vor 12.000 Jahren in Japan mit fünf Grad weniger nur halb so stark ausfiel wie in Europa. Offensichtlich reagierte Ostasiens Klima weitaus schwächer auf den Ausfall des Golfstroms – möglicherweise dank des Monsuns.
Ob Golfstrom oder ENSO, ob Atlantik oder Pazifik: Als beherrschendes Klimaphänomen Asiens ist der Monsun an globale Klimaereignisse gekoppelt, die ihn genauso beeinflussen, wie er sie.
Stand: 21.07.2006