Die erste Auflage von Darwins Buch „On the Origin of Species by Means of Natural Selection“ war bereits am Erscheinungstag ausverkauft, die zweite schon nach zehn Wochen. Auch heute noch wird dieses Werk hochgeschätzt, gilt es doch als Grundstein der Evolutionstheorie.
Als Ursachen für Evolution werden allgemein Mutation, Rekombination und Selektion angesehen. Die Selektion als eine Art Auswahl der am besten Angepassten kommt vor allem dann als Evolutionsfaktor zum Tragen, wenn sich etwa die Umweltbedingungen verändern. Der Genpool einer Population wird sich zum Beispiel bei einer Dürreperiode dahingehend ändern, dass die Organismen, die am besten mit dieser Situation fertig werden, bevorzugt werden. Aber eine Änderung der abiotischen Umwelt ist nicht der einzige Auslöser für eine Selektion bestimmter Organismen. Auch Interaktion mit anderen Organismen führt zu Evolution. Eine Bedrohung durch Fraßfeinde kann beispielsweise dazu führen, dass die schnellsten Tiere die besten Überlebenschancen haben und somit den größten Anteil der Gene an die nachfolgende Generation weitergeben können.
„Symbiose hat den Kurs der Evolution ähnlich stark beeinflusst, wie die sexuelle Fortpflanzung“
Neben einer Räuber-Beute-Beziehung gibt es noch zahlreiche weitere denkbare Interaktionen zwischen Organismen. Etwa die Symbiosen. Die amerikanische Evolutionsforscherin Lynn Margulis sagte dazu: Symbiose hat den Kurs der Evolution ähnlich stark beeinflusst, wie die sexuelle Fortpflanzung. Beide haben die Bildung neuer Individuen zur Folge, welche die Gene von mehr als beiden Elternteilen tragen. Die Gene symbiotischer Partner befinden sich in großer Nähe, so dass die natürliche Selektion sie wie eine Einheit behandelt.
Der Einfluss der Symbiose auf die Evolution wird insbesondere bei der Koevolution deutlich. So haben sich zwischen Blüten und Bestäuber in zahlreiche Anpassungen entwickelt. Entstehen zum Beispiel Blüten mit tieferen Kelchen, so gelangen Schmetterlinge mit langen Rüsseln besser an den Nektar und werden daher von der Selektion gegenüber Artgenossen mit kürzeren Rüsseln bevorzugt. Auch die Endosymbiose war ein starker Motor der Evolution, bedeutete sie doch erst die Möglichkeit zur Bildung komplexerer Zellen, aus denen sich im Laufe der Evolution sämtliche höhere Lebewesen entwickelten.
Symbiose als Evolutionsbeschleuniger
Ein weiteres Beispiel für die Symbiose als Evolutionsbeschleuniger findet man bei Flechten. Wissenschaftler haben entdeckt, dass Pilze, die im symbiotischen Verband mit Grünalgen leben, eine sehr viel schnellere Evolution aufweisen, als verwandte Formen, die ohne Symbiosepartner leben. Die DNA der Flechtenpilze verändert sich schneller. Der Grund dafür liegt vermutlich in der durch die Symbiose veränderten Lebensweise. Während solitär lebende Pilze meist im Boden leben, haben sich den Pilzen in Symbiose mit Algen neue – oberirdische – Lebensräume erschlossen. In ihnen ist das Pilzmycel der Flechten in viel stärkerem Ausmaß der UV-Strahlung ausgesetzt, die zu Mutationen in der DNA führen können. Zusätzlich erhöhen freie Radikale die Mutationsrate. Sie entstehen durch den von den Algen gebildeten Sauerstoff.
Die Bedeutung von Symbiosen im Zusammenhang mit der Geschwindigkeit der Evolution demonstriert abermals, dass unsere Welt ohne die Existenz von Symbiosen wohl eine ganz andere wäre…
Stand: 22.04.2000