Bei der Stadt Olfen finden wir Spuren eines ehemaligen römischen Versorgungslagers. Song deutet mit dem Finger in Richtung eines Getreidefeldes, neigt das Flugzeug zur Seite, klappt das Fenster auf, lässt das Steuer los und richtet die Kamera aus dem Fenster auf eine für mich scheinbar leere Stelle.
Muster im Feld
Wenn ich ehrlich bin, sehe ich nur ein grünes Feld. Ich konzentriere mich und schaue ganz genau hin. An einer Stelle wirkt das Getreide ein wenig dunkler. Ich bin nicht sicher, ob es das ist, was ich sehen soll. Mir schwant, dass man als Luftbildarchäologe ein extrem geschultes Auge haben muss.
Allerdings sind manche Spuren auch nur zu bestimmten Jahreszeiten vernünftig sichtbar. Zum Beispiel wenn die Felder hoch bewachsen sind und unter der Oberfläche verborgene alte Mauern das Wachstum der Pflanzen hemmen, so dass ihr Muster im Feld zutage tritt. Oder im Winter, wenn Überreste ehemaliger Bauten im Boden für Temperaturunterschiede sorgen und den Schnee an einigen Stellen schneller oder langsamer schmelzen lassen als an anderen.
Eine „Motte“ in der Wiese
Auf diese Weise entdeckte Baoquan Song nördlich von Schermbeck Anfang 2015 Spuren einer Burg, die in keiner historischen Karte verzeichnet war. Genauer gesagt handelte es sich um eine Motte, eine Burg, die mit einem künstlich angelegten Erdhügel eingemottet worden war. Schon einige Jahre zuvor hatte der Luftbildarchäologe südlich der Stadt eine andere Motte entdeckt, die einiges Aufsehen erregte.
Nun kreisen wir über der Fundstelle, die der Schnee zutage gefördert hatte. Die Motte ist nicht so gut zu sehen wie zur Winterzeit, aber selbst für das ungeübte Auge offenbaren sich erkennbare Spuren im Gras. In der sonnenbeschienenen Wiese zeichnet sich der inzwischen nahezu komplett verfüllte Graben der Vorburg als schmale dunkle Vertiefung ab. Landwirtschaft wurde hier betrieben, es gab Speicher und Werkstätten, und das Vieh lebte in diesem Wirtschaftsteil der Burg. Etwas schwerer auszumachen sind die kreisrunden Spuren der eigentlichen Motte, die im Schatten liegen.
RUBIN / Julia Weiler / Ruhr Universität Bochum
Stand: 08.04.2016