Die einzelnen Kippelemente und ihre verstärkenden Effekte auf den Klimawandel sind jedoch nur ein Teil des Problems. Denn inzwischen ist klar, dass diese Stellglieder des Klimasystems über Rückkopplungen eng miteinander verknüpft sind. Kippt einer dieser „Schalter“ in einen neuen Zustand, kann er über diese Vernetzung auch andere Kippelemente aus dem Gleichgewicht bringen.
„Die Kippelemente könnten sich dann wie eine Reihe von Dominosteinen verhalten. Wird einer von ihnen gekippt, schiebt dieses Element die Erde auf einen weiteren Kipppunkt zu“, erklärt Johan Rockström vom Stockholm Resilience Centre. „Es könnte sehr schwierig oder sogar unmöglich sein, die ganze Reihe von Dominosteinen davon abzuhalten, umzukippen.“ Wann die Gefahr eines solchen Kaskadeneffekts droht und was dann passieren würde, haben Rockström, sein Kollege Will Steffen und weitere Forscher 2018 in einer Studie untersucht.
Domino-Effekt schon bei zwei Grad Erwärmung?
Das erschreckende Ergebnis: Die positiven Rückkopplungen zwischen den Kippelementen könnten unser Klima schneller und stärker destabilisieren als lange angenommen. Denn schon eine Erwärmung um nur zwei Grad könnte möglicherweise ausreichen, um die Dominosteine kippen zu lassen. „Unsere Analyse deutet darauf hin, dass wir ein solches Kaskadenrisiko selbst beim Erreichen der Klimaziele von Paris nicht ausschließen können“, berichten die Forscher.
Auslöser der Kaskade wären dabei Kippelemente, die schon bei relativ geringer Erwärmung umkippen, wie das arktische Meereis oder die Gletscher der Westantarktis und Grönlands. Deren Zustandswechsel wiederum könnte – gemeinsam mit graduellen Veränderungen wie der abnehmenden Pufferwirkung von Biosphäre und Ozeanen – die Temperaturen weiter anheizen und so die nächste Gruppe von Kippelementen „umstoßen“.