Für die Bochumer Forscher ist das Fazit ihrer Untersuchung klar: Unterzieht man den mallorquinischen Qualitätstourismus einer kritischen Bewertung, zeigt sich deutlich, dass es sich dabei absolut nicht – wie stets propagiert – um eine umweltverträgliche Alternative zum Massentourismus handelt. Einzige Ausnahme stellen Angebote zu „Ferien auf dem Bauernhof“ dar, die jedoch im Vergleich zu dem anderen Tourismusformen kaum ins Gewicht fallen.
Der Begriff „Qualität“ bezieht sich für die Tourismusverantwortlichen Mallorcas offensichtlich
nicht auf die Berücksichtigung von Belangen des Natur- und Umweltschutzes, sondern charakterisiert allein das Prestige und die Finanzkraft dieser Urlaubsform. Die Fehler der massentouristischen Erschließung werden heute auf hohem Preis- und Prestigeniveau wiederholt.
Natur- und Erholungspotenzial werden verspielt
Vorhaben wie der geplante Ausbau des Flughafens Palma, der 133 Millionen Euro teure, von nur 6,9 Prozent der Bevölkerung gebilligte Bau der Autobahntrasse Inca-Manacor, die Anlage eines zweiten Autobahnrings um Palma und die Aufhebung des Bauverbots in besonders geschützten Inselteilen versetzen die Insel zurück in die 1960er Jahre, so die Forscher. Die mallorquinische Tourismuswirtschaft ist dabei, ihr grundlegendes Wirtschaftsgut und -kapital, die Insellandschaft mit ihrem Natur- und Erholungspotenzial, ersatzlos zu verspielen.
Es drängt sich die Frage auf, zahlt sich diese unverantwortliche Vorgehensweise wirtschaftlich aus? Keineswegs. Denn die Mehreinnahmen aus dem Qualitätstourismus stehen in keinem Verhältnis zu den monetären und ökologischen Kosten ihrer Etablierung. Die Wirtschaftbilanz der Balearen belegt für 2001 einen Anteil des Golftourismus von 1,9 Prozent und des Nautischen Tourismus von 4,4 Prozent am Gesamteinkommen aus dem Tourismus. Für den Residenzialtourismus liegen keine Daten vor, es ist aber von ähnlichen Größenordnungen auszugehen.
Massentourimus war umweltverträglicher
Der große Unterschied zwischen traditionellem Massen- und neuem Prestigetourismus besteht darin, dass der Massentourismus sehr viel höhere Einnahmen bei gleichzeitig sehr viel geringerem Landschaftsverbrauch erzielt. Unter ökologischen Aspekten war der pure Massentourismus aufgrund seiner räumlichen Beschränkung eindeutig umweltverträglicher als das mallorquinische Modell des Qualitätstourismus, das landschaftlich und ökologisch zerstörerisch wirkt und daher auch ein enormes ökonomisches Schadpotenzial in sich birgt.
Eine bessere Lösung als die Erschließung immer neuer Gebiete für den Tourismus wäre nach Ansicht der Wissenschaftler die Qualitätsverbesserung in bestehenden Gebieten mit dem Ziel gleich bleibender Gästezahlen. Optische Verbesserungen im Ortsbild und die Aufwertung der Hotelqualität könnten die bisherigen Massenziele wieder attraktiver machen. Gelingt es nicht, auch den „Qualitätstourismus“ rasch und räumlich möglichst eng zu begrenzen, dann könnte es sein, dass Mallorca keine Zukunft hat, sondern nur eine Gegenwart, die sich sehr schnell in eine dunkle Vergangenheit verwandeln könnte.
Stand: 13.07.2007