Hühner werden in viel zu enge Käfige verfrachtet, Nerzen und anderen Pelztieren geht es auf den speziellen Zuchtfarmen häufig nicht anders. Schweine stehen zu Hunderten auf Spaltenböden in viel zu kleinen Ställen oder werden in Lastwagen bei größter Hitze zum Teil tausende von Kilometern – manchmal ohne Fütterung oder Tränke – bis zu ihrem Schlachtort geschaukelt.
Die moderne Landwirtschaft und insbesondere die Methoden bei der Nutztierhaltung sorgen dafür, dass der Kannibalismus auch in diesem Bereich viel häufiger vorkommt, als die breite Öffentlichkeit weiß oder vermutet.
Platzmangel führt zu grausamen Attacken
„Überbevölkerung“, Beschäftigungsmangel und Stress führen dazu, dass sich diese zusammengepferchten Tiere gegenseitig Körperteile zerbeißen oder in einem regelrechten Blutrausch ihren Artgenossen großflächige Wunden zufügen. Rangniedrige oder schwächere Tiere können sich aufgrund der engen Platzverhältnisse nicht wehren und verenden nach solchen Attacken zum Teil kläglich und unter großen Schmerzen.
Besonders vom Problem Kannibalismus betroffen ist die Geflügelhaltung. Legehennen hocken in Deutschland meist immer noch in drei bis fünf Etagen (Batterien) übereinander zu fünft in einem Käfig. Jeder Henne stehen nur etwa 450 Quadratzentimeter Fläche zur Verfügung. Zum Vergleich: Ein DIN A4-Blatt entspricht der Fläche von 550 Quadratzentimetern. Das Futter rutscht computergesteuert in die Tröge, an denen jeder Henne laut Gesetz 10 Zentimeter Fressbereich zustehen.
Kostengünstig und produktiv
Zwischen 260 und 290 Eier pro Jahr legen diese „Batteriehühner“. 93 Prozent der 270 Millionen Legehennen in der europäischen Union leben so – weil es so am Kostengünstigsten und Produktivsten ist. Normalerweise aber verbringt ein Huhn die Hälfte des Tages mit Scharren und Picken zur Futtersuche. Es läuft und flattert, putzt sein Gefieder und nimmt Staubbäder. Zum Legeverhalten gehören Schutzsuchen, Nestbau und Ruhen im Nest. Es sitzt gerne auf Stangen oder auf weichem Untergrund.
All das gibt es in Legebatterien nicht. Es kommt deshalb zu Leerlaufbewegungen und Ersatzhandlungen. Die beobachteten Verhaltensweisen reichen vom Federpicken bis hin zu echtem Kannibalismus am lebenden oder toten Tier. Blut spritzt, wenn sich die Hennen aus Langeweile oder Aggression gegenseitig die Ohren zerhacken, qualvoll auf dem Gitterboden verendete Hühner werden vom Käfigpartner zerpickt und aufgefressen.
Um die negativen ökonomischen Auswirkungen dieses Verhaltens einzudämmen, hat man – statt das Problem bei der Ursache anzugehen und endlich eine artgerechte Tierhaltung einzuführen – vielerorts nur die Symptome bekämpft. So fallen beispielsweise die Schnäbel der Hühner in den Legebatterien teilweise schmerzhaften Kürzungen zum Opfer…
Stand: 14.04.2001