Das Team aus Geesthacht nimmt noch zahlreiche andere Emissionsquellen unter die Lupe. Einen ihrer Schwerpunkte haben die Forscher dabei auf den Schiffsverkehr gelegt. Für die Nordsee basiert ihre Modellierung auf unzähligen Details: Die Forscher stellen fest, wie schnell jedes einzelne Schiff fährt, welche Maschinen es antreiben und wie groß sein Schadstoffausstoß ist.
So konnten die Wissenschaftler am Ende berechnen, welche Mengen von Stickoxiden, Feinstaub und anderen Schadstoffen die Schiffe auf der Nordsee in einem Jahr ausstoßen. Ihr Fazit: Vor allem im Sommer ist der Schiffsverkehr eine sprudelnde Feinstaubquelle. Der größte Anteil dieser Belastung kommt durch die chemischen Reaktionen von Gasen zustande, bei denen sich Partikel bilden. Auf der Ostsee ist der Schiffsverkehr sogar für rund die Hälfte aller feinen Schwebstoffe verantwortlich, wie Messungen eines internationalen Forscherteams im Jahr 2015 ergaben.
Schadwirkung auch im Hafen
Was aber passiert, wenn ein Schiff im Hafen liegt? Auch da laufen schließlich die Maschinen, weil Frachter zum Beispiel Energie für die Kühlung brauchen und Kreuzfahrer den Hotelbetrieb aufrechterhalten müssen. Auch für diese Situation haben die Forscher ein Modell entwickelt, das auf Umfragen zum Treibstoffverbrauch von rund 200 Schiffen basiert. „Demnach sind auch Häfen durchaus ernst zu nehmende Belastungsquellen“, sagt Volker Matthias. So steuert der Hamburger Hafen ein knappes Drittel zu den Stickoxidemissionen der Hansestadt bei.
Das Problem: Die entstehenden Ruß- und Feinstaubpartikel schaden nicht nur den Atemwegen und der Lunge, sondern wirken systemisch: Ralf Zimmermann vom Helmholtz Zentrum München und seine Kollegen haben in Laborversuchen festgestellt, dass die Schadstoffe aus Schiffsdiesel und Schweröl Entzündungsreaktionen fördern und die Fresszellen des Immunsystems abtöten.
Es ist also nicht nur der viel diskutierte Straßenverkehr, der in Deutschland für dicke Luft sorgt: Zu ihrer Belastung tragen die verschiedensten Quellen und chemischen Reaktionen bei. Es gibt also viele Schrauben, an denen man drehen könnte, um für bessere Luft zu sorgen.
Quelle: Kerstin Viering / Helmholtz Perspektiven