Schon seit Jahrtausenden lässt sich der Mensch einiges einfallen, um die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern. Als größte Errungenschaft galt lange Zeit die Erfindung des Kunstdüngers, der dem Boden rasch und umfassend fehlende Nährstoffe zurückgeben kann. Bis vor wenigen Jahrzehnten galt auch hier die Faustformel „Viel hilft viel“, doch seitdem sich Stickstoff und Phosphate auch im Grundwasser wieder finden ist man etwas vorsichtiger geworden. Ein großes Problem stellt aber auch die „natürliche“ Düngung mit Gülle dar.
Neuere Untersuchungen der Universität Paderborn haben nun sogar bestätigt, was bereits länger vermutet wurde: Antibiotika aus der Tierhaltung gelangen auch über gedüngte Felder an den Verbraucher. Denn in der Gülle reichern sich die ausgeschiedenen Arzneistoffe an und gelangen so in die oberen Bodenschichten der biologisch gedüngten Felder. „Bisher war es nicht gelungen, die Aufnahme von Antibiotika durch Nutzpflanzen aus güllegedüngtem Boden nachzuweisen“, so Manfred Grote, Leiter der Paderborner Arbeitsgruppe. „Unsere Analysen der erntereifen Pflanzen ergaben Antibiotikagehalte in Wurzeln und Grünanteilen. Und wir waren sehr überrascht, auch im Korn des Winterweizens Spurengehalte an Chlortetracyclin, ca. 50 µg/kg, zu finden“. Diese Arzneimittelrückstände, die monatelang in der Gülle erhalten bleiben können, fördern durch ihre Anreicherung im Boden möglicherweise langfristig den Vormarsch von Antibiotikaresistenzen.
Schadstoffdusche
Ein bereits länger erkanntes Problem stellt der Stoffeintrag durch die Niederschläge dar. Auch wenn der saure Regen bereits länger aus der öffentlichen Diskussion verschwunden ist, so haben die deutschen Böden doch nach wie vor mit der Emissionsbelastung der Luft zu kämpfen. Denn durch die sauren Niederschläge erhöht sich stetig der pH-Wert des Bodens. Als Folge kann dieser immer weniger Nährstoffe binden und verarmt daher mit der Zeit. Es wird also immer noch fleißig gekalkt in deutschen Wäldern, um das ätzende Wasser zu neutralisieren. Doch das ist noch nicht alles. Zusätzlich gehen mit dem Regen durchschnittlich jedes Jahr 146 Gramm Zink, 33 Gramm Blei, 19 Gramm Kupfer, 1,9 Gramm Kadmium pro Hektar auf die Erde nieder. Durch die ergiebige Schadstoffdusche sammeln sich zum Teil toxische Konzentrationen im Boden an und schädigen Wurzelwerk und Nahrungsaufnahme der Pflanzen.
Feinstaub nicht nur in der Luft
Erst unlängst fanden Tübinger Wissenschaftler heraus, dass sich der in der Luft befindliche Feinstaub auch in erheblichem Maße im Boden ablagert. Damit bedrohen die Krebs erzeugenden Schwebeteilchen nicht nur den Menschen sondern auch die Pflanzenwelt. Professor Peter Grathwohl hat einen passenden Vergleich für die schleichende Belastung parat. „So ähnlich war es in der Vergangenheit bei der Versauerung von Gewässern: Ein halbes Jahrhundert lang scheint es nicht viel auszumachen und plötzlich – in ein oder zwei Jahren – kippt das System um“. Denn noch scheinen sich die Feinstäube nur in den obersten zehn Zentimetern des Bodens abzulagern und nicht bis ins Grundwasser vorzudringen.
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„Bei der Anreicherung der PAKs (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) im Boden können wir von wissenschaftlicher Seite bisher nur sagen, dass wir einen Trend beobachten, der nach oben zeigt“, erklärt Grathewohl besorgt. Aus Messungen an Sedimenten haben die Tübinger Wissenschaftler rekonstruiert, wie viel PAKs in den letzten 200 Jahren in die Böden eingetragen wurden. „Der Höhepunkt fand sich in den 1970er-Jahren. Seither ist die Menge etwa um den Faktor zwei zurückgegangen. Obwohl der Verkehr seither noch zugenommen hat, zeigen sich darin die Anstrengungen, die Emissionen etwa durch den Einbau von Filtern bei Kraftwerken zu senken“, so Grathwohl. PAKs können prinzipiell auch auf natürliche Weise entstehen, zum Beispiel bei Waldbränden. „Die heute gemessenen Werte liegen aber um den Faktor zehn höher als die natürlichen“, sagt Grathwohl.
Doch auch wenn der Boden einiges zu ertragen hat, so ist seine Filterleistung für das Grundwasser nicht zu unterschätzen. Denn bewegt sich verschmutztes Wasser von oben nach unten durch einen Boden, bleiben Verschmutzungen an den feinen Bodenteilchen hängen und gelangen so nicht mehr bis in das Grundwasser. „Der Boden filtert die Schadstoffe praktisch heraus“, so Projektmitarbeiter Johannes Barth. „Doch die Kapazität des Bodens könnte irgendwann erschöpft sein und die PAKs würden dann in kürzerer Zeit ausgewaschen“, schränkt Grathewohl ein. Noch verdanken wir unser sauberes Trinkwasser aus dem Hahn also nicht nur den Stadtwerken, sondern zum großen Teil den Böden, die allerdings im Gegenzug im wahrsten Sinne des Wortes auf den Schadstoffen sitzen bleiben.
Stand: 22.07.2005