Die Vision des Physikers Richard Feynman klingt auch heute noch atemberaubend: Es sei möglich, den Inhalt sämtlicher Buchtitel der Welt − Feynman schätzte ihre Zahl Ende der 1950er-Jahre auf 24 Millionen − in einem Staubkorn zu speichern, das gerade noch mit bloßem Auge sichtbar ist. Dafür sei es allerdings nötig, ein digitales Bit, also die kleinste Speichereinheit, die die Werte Null oder Eins aufnehmen kann, auf einen Platz zu zwängen, der dem Volumen von nur 100 Atomen entspricht.
Gängige Magnetspeicher gelangen an Grenzen
Vielleicht fühlen sich die Ingenieure von dieser Vorstellung angespornt. Jedenfalls packen sie seither immer mehr Daten auf Speichermedien wie Festplatten: Ihre Speicherdichte, also die Anzahl der Bits pro Quadratzentimeter, verdoppelt sich alle 18 Monate. Vor 30 Jahren konnte man auf eine Festplatte etwa zehn Megabyte ablegen, heute passen darauf 100.000-mal mehr Daten. Ein Bit belegt auf einer Terabyte-Festplatte noch einige Hunderttausend Atome. Wenn Bits und Bytes weiterhin im gleichen Tempo schrumpfen wie bisher, wird Feynmans Traum in etwa zehn Jahren in Erfüllung gehen.
Doch die Reise in die Nanowelt, in der ein paar hundert Atome Informationen speichern oder sie verarbeiten, wird immer beschwerlicher. So lassen sich magnetische Speichermedien wie Festplatten nicht beliebig weit miniaturisieren. Magnetische Schichten an ihrer Oberfläche enthalten Speicherzellen, die je ein Bit aufnehmen. Ob die Zelle eine Null oder eine Eins darstellt, entscheidet ihre Magnetisierung.
Diese ergibt sich aus der Summe der magnetischen Momente, welche die einzelnen Atome in der Zelle tragen: Jedes Atom wirkt wie ein winziger Stabmagnet, dessen Richtung und Stärke durch das magnetische Moment angegeben wird. Die magnetischen Momente der Atome ordnen sich in Speicherpunkten entweder ferromagnetisch oder antiferromagnetisch an, richten sich also alle parallel oder abwechselnd in die eine und in die entgegengesetzte Richtung aus.
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In der Nanowelt warten viele Überraschungen
Je kleiner die Speicherzellen werden, desto instabiler werden sie, das heißt, ihre Magnetisierung ändert sich ungewollt von selbst, allein indem sie thermische Energie aus ihrer Umgebung aufnehmen. Daten gehen so mit der Zeit verloren. Außerdem stößt das Verfahren, Daten durch die Einwirkung von Magnetfeldern auf Festplatten zu schreiben, an Grenzen, da sich Magnetfelder gewissermaßen nicht als beliebig feiner Schreibstift eignen.
Wenn Ingenieure Speicherzellen immer weiter schrumpfen, stoßen sie mehr und mehr in die Nanowelt vor, die voller Überraschungen steckt. Denn schon allein dadurch, dass Dinge kleiner als etwa 100 Nanometer werden, ändern sich ihre physikalischen und chemischen Eigenschaften oft grundlegend. In diesem Größenbereich wirken darüber hinaus die bizarren Gesetzmäßigkeiten der Quantenphysik, die Elektroingenieuren manchmal Probleme bereiten, ihnen aber auch Chancen für neue Speichermechanismen eröffnen.
Grundlagenforscher ergründen daher etwa neue Phänomene in magnetischen Nanostrukturen. Dabei kommen sie nicht nur Feynmans Vision bereits erstaunlich nahe. Sie wollen darüber hinaus eine besonders schnelle Datenverarbeitung erreichen oder suchen nach grundlegend neuen Funktionalitäten, die etwa einen Arbeitsspeicher ermöglichen, der sich anders als heutige RAM-Speicher auch ohne Strom an Daten erinnert − das zeitraubende Hochfahren des Computers wäre dann Vergangenheit.
Christian Meier / MaxPlanckForschung
Stand: 21.10.2011