Eines der interessantesten Projekte, das momentan untersucht wird, ist das Deep Field Infrared Observatory, das in der Nähe des lunaren Südpols errichtet werden soll. Für dieses Teleskop gibt es mehrere technische Ansätze, die sich hauptsächlich in der Größe des Hauptspiegels unterscheiden. Allen ist gemein: Der Spiegel ist flüssig.
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Dem Durchmesser eines solchen Spiegels sind dabei auf dem Mond viel weniger Grenzen gesetzt als auf der Erde. Es werden Durchmesser untersucht, die zwischen 20 und 100 Metern liegen. Schon bei nur 20 Metern wäre das Auflösungsvermögen dreimal höher als mit dem JWST. Das Deep Field Infrared Observatory ist, der Name sagt es schon, für eine ganz besondere Aufgabe vorgesehen. Es wird da ansetzen, wo Hubble mit seiner Ultra Deep Field Survey aufgehört hat.
Blick aus dem Krater zum Zenit
An den Polen des Mondes sieht das in den Zenit blickende Teleskop ständig dasselbe extragalaktische Feld. Das Deep Field Infrared Observatory würde sich die lunare Topographie zunutze machen und – ähnlich wie das berühmte Radioteleskop von Arecibo – auf dem Rücken in einem Krater liegend den Blick in den Himmel richten. Man könnte die Auflösung sogar noch einmal erhöhen, wenn man mehrere Teleskope auf den gleichen Fleck des Himmels richtet, indem man also auch hier die Technik der Interferometrie zuhilfe nimmt.
Der Südpol der Ekliptik liegt praktisch genau im Zenit eines lunaren Südpol-Teleskops, denn die Drehachse des Mondes ist nur um 1,5 Grad zum ekliptischen Pol geneigt. Die Präzessionsperiode beträgt 18 Jahre. Diese kleine Schwankung bewirkt, dass es für das Deep Field Infrared Observatory in diesem Zeitraum ein beobachtbares Feld von drei Grad gibt, an dessen rechtem Rand sich die Große Magellansche Wolke befindet. Das Zentrum des Beobachtungsfeldes ist aber fast frei von Sternen, die Sicht auf den intergalaktischen Raum unbehindert und perfekt geeignet für die ultimative Deep Field Survey.
Der Blick zurück in den Anfang des Universums wird dadurch um Größenordnungen besser, als dies heute möglich ist. Bei einer Beobachtungszeit von einem Jahr könnten Objekte abgebildet werden, die hundertmal schwächer sind als die schwächsten Objekte, die das JWST noch sehen kann. Das wäre eine Revolution in der Beobachtung des frühen Universums; damit könnten wir die Entstehung der ersten Sterne und Galaxien gewissermaßen aus der ersten Reihe beobachten.
Ruhig spiegelt der See…
Zurück zum Spiegel des Teleskops. Die Spiegelflüssigkeit solcher Teleskope besteht auf der Erde aus Mercurium. Die größten auf der Erde geschaffenen flüssigen Teleskope sind auf einen Durchmesser von etwa sechs Metern beschränkt. Sie unterliegen Störungen durch die Erdrotation, durch den Fahrtwind, der für Wellenbildung auf der Flüssigkeit sorgt, durch seismische Effekte und die üblichen atmosphärischen Störungen, die auch auf alle terrestrischen optischen Teleskope einwirken.
Der Mond dagegen ist für große flüssige Spiegel ideal. Er hat ein Gravitationsfeld, er ist geologisch mehr oder weniger tot, wodurch es keine störende seismische Aktivität gibt, und er befindet sich im absoluten Vakuum. Nur Mercurium könnte man als Spiegelmaterial nicht verwenden, denn es gefriert schon bei 234 Grad Kelvin. In den tiefen Kratern des lunaren Südpols ist es aber wesentlich kälter, und diese niedrigen Temperaturen werden für die Beobachtungen auch benötigt.
Aber hier bieten sich durchaus Alternativen an, wie zum Beispiel 1-Buten, das noch bei 90 Grad Kelvin flüssig ist und nur einen sehr geringen Dampfdruck hat (also nicht einfach in den freien Weltraum evaporiert). Die Oberfläche der Flüssigkeit würde mit einem Metall bedampft werden, beispielsweise mit Gold. Um seine Form zu halten, müsste der 20-Meter-Spiegel zweimal in der Minute rotieren. Der Spiegel könnte, auch dies ein Vorteil der kryogenen Bedingungen des Mondes, frei schwebend in einem Magnetfeld gelagert werden, das durch einen Supraleiter erzeugt wird.
Stand: 15.07.2005