Viele Wissenschaftler arbeiten daran, den ersten Schritt der pflanzlichen Fotosynthese nachzuahmen, also die Wasserspaltung mit Sonnenlicht. Einen etwas anderen Fokus haben Forscher vom Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg. Sie konnten 2016 die Prozesse des zweiten Fotosyntheseschrittes, der Dunkelreaktion, nachbilden und sogar optimieren. Damit hoffen sie, in Zukunft ein wirksames Instrument gegen steigende Konzentration des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid zu realisieren.
Teile aus neun Organismen
Der Ansatzpunkt der Forscher war die Suche nach einem Enzym, das Kohlenstoffdioxid schneller und zielsicherer binden kann, als es das von den Pflanzen verwendete Enzym Rubisco schafft. Aus zehntausenden Kandidaten fanden sie schließlich einen, der beim Einfangen von CO2 aus der Luft 20 Mal schneller und außerdem nahezu fehlerfrei arbeitet.
Ausgehend von diesem „Hochleistungsenzym“ entwickelten die Forscher den Calvin-Zyklus komplett neu, wobei sie die einzelnen Reaktionsschritte und verwendeten Biokatalysatoren variierten. Herausgekommen ist eine Mixtur mit Enzymen aus neun verschiedenen Organismen, vom Menschen bis zur Mikrobe. Manche der Moleküle mussten die Wissenschaftler mit Hilfe von Gentechnik an die neuen Aufgaben anpassen.
Ihr neu erfundener Calvin-Zyklus verbraucht bei der Arbeit 20 Prozent weniger Energie als das Original der Pflanzen. Langfristig wollen die Wissenschaftler ihren Enzymcocktail in geeigneten Trägern unterbringen. Bestimmte Algen oder Bakterien könnten sich dafür anbieten. Mit Hilfe der Gentechnik könnte man sogar gezielt andere Produkte als Zucker herstellen lassen, zum Beispiel Grundchemikalien für die Industrie. Bis es soweit ist, steht den Forschern aber noch viel Arbeit bevor.
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Die Zukunft ist grün
Ob nun die Produktion von Wasserstoff als Kraftstoff für Fahrzeuge oder die Bindung des Treibhausgases CO2 – Die Wissenschaft ist dem Erfolgsrezept der Pflanzen auf den Fersen. Doch während jeder für wenige Euro seine eigenen „Fotosynthese-Fabriken“ aus dem Gartencenter kaufen kann, sind die Herstellungskosten der künstlichen Blätter bisher noch viel zu hoch, um wirtschaftlich rentabel zu sein.
Bei den anhaltenden Anstrengungen ist es aber wohl nur eine Frage der Zeit, bis wir die Energie der Sonne so gut ausnutzen können, wie die grünen Pioniere in Wäldern und Gärten.
Christian Lüttmann
Stand: 28.04.2017