Die Fraunhofer-Forscher arbeiten nicht nur an neuen Erkenntnissen, sie wollen bis Ende 2010 sogar ein komplettes elektrisch betriebenes Demonstrationsfahrzeug „Frecc0“ auf Basis eines bereits existierenden Fahrzeugkonzepts aufbauen. „In den Wagen sollen die Projektergebnisse aus allen beteiligten Fraunhofer-Instituten einfließen und so die grundsätzliche Machbarkeit der entwickelten Lösungen gezeigt werden“, erläutert Professor Matthias Busse vom Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM.
Bestehendes Fahrzeug als Basis
Die Forscher verwenden hierfür ein bestehendes Fahrzeug als Basis, in das die Fraunhofer-Komponenten integriert werden. Diese Plattform kann dann für Projekte mit Automobilherstellern und Zulieferern genutzt werden. Wie sich die entwickelten Lösungen nicht nur für den Individualverkehr, sondern auch im Öffentlichen Nahverkehr oder dem innerstädtischen Lieferverkehr nutzen lassen, zeigen die Forscher am Beispiel der Autotram. In das bereits vorhandene Fahrzeug werden die neuentwickelten Module eingebaut und integriert.
Faktor Mensch
Ein Umstieg auf Elektromobilität kann jedoch nur gelingen, wenn er von den Menschen mitgetragen wird. Um die Vorzüge von Elektrowagen, Möglichkeiten der neuen Antriebstechnologien und neue Geschäftsmodelle aufzuzeigen, ist in Berlin der Aufbau eines Forums Elektromobilität geplant. Dort sollen sich Interessierte, aber auch Vertreter von Autoherstellern, Zulieferern, Verkehrs- und Energiewirtschaft umfassend informieren können.
Noch stehen Autofahrer der neuen Technologie zurückhaltend gegenüber. Zwar kann sich – das zeigte eine von Aral in Auftrag gegebene Studie – etwa jeder dritte Befragte (36 Prozent) die Anschaffung eines Elektroautos vorstellen. Allerdings sind die Autofahrer nicht bereit, deutlich mehr für einen Elektrowagen auszugeben. 77 Prozent wollen nur einen kleinen Aufpreis (bis 2.000 Euro) im Vergleich zu konventionellen Antrieben zahlen.
„Ein wesentlicher Punkt für den künftigen Markterfolg ist die Wirtschaftlichkeit dieser Fahrzeuge und die Kundenakzeptanz“, betont Professor Martin Wietschel vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI. „Die intelligentesten technischen Lösungen funktionieren nicht, wenn sie an den Kundenbedürfnissen vorbei entwickelt werden.“
Stromzapfsäulen statt Tankstellen
Die Elektromobilität kann den Entwurf von ganz neuen Mobilitätskonzepten ermöglichen, beispielsweise bei der Belieferung von innerstädtischen Umweltzonen mit Waren. Es ist wichtig Geschäftsmodelle zu gestalten, um beispielsweise den Aufbau der Betankungsinfrastruktur zu finanzieren. „Die Wertschöpfungsstrukturen zwischen Automobilfirmen und Zulieferern werden sich verschieben. Hierauf muss sich die Wirtschaft einstellen, um international wettbewerbsfähig zu sein“, betont Wietschel einen weiteren Aspekt der Forschungsarbeiten.
In den kommenden Jahren wird sich einiges ändern: Künftig werden nicht nur in Berlin, München, London, Rom oder Amsterdam Elektrowagen unterwegs sein, sondern in fast allen Städten. Und statt herkömmlicher Tankstellen sind Stromzapfsäulen gefragt. Auf diesen Wandel der Infrastruktur und eine Vielzahl unterschiedlicher Mobilitätskonzepte müssen sich die Automobilhersteller, Zulieferer, Energiekonzerne aber auch die Kommunen vorbereiten.
Birgit Niesing / Fraunhofer-Magazin „weiter.vorn“
Stand: 09.10.2009