Heute gibt es nur noch zwei Elefantenarten auf der Erde, den Afrikanischen und den Asiatischen Elefant. Sie unterscheiden sich zwar deutlich – ersterer hat beispielsweise größere Ohren und mächtigere Stoßzähne und ist auch sonst imposanter – an ihren engen verwandtschaftlichen Beziehungen besteht jedoch kein Zweifel.
Beide Dickhäuter sind die letzten Überbleibsel einer Familie, die seit rund 40 Millionen Jahren die Erde bevölkert. Während des Pleistozäns, das vor zwei Millionen Jahren begann und nach Ende der letzten Eiszeit vor rund zehntausend Jahren endete, tummelten sich viele verschiedene Mitglieder dieser Familie auf der Erde.
Es gab beispielsweise den Waldelefanten, der nur zwischen den Eiszeiten in Deutschland und andere Regionen Mitteleuropas lebte, den Steppenelefanten, der eher die kühleren Regionen bevorzugte und den Südelefanten, mit fünf Meter Höhe das größte Landsäugetier aller Zeiten. Dazu gehörten aber auch Zwergelefanten, die sich im Laufe der Evolution beispielsweise auf Inseln wie Sizilien entwickelten und gerade mal so groß waren wie heute eine ausgewachsene Deutsche Dogge. Und dann gab es da natürlich die Mammuts.
In den letzten zwei Millionen Jahren lebten allein in Europa drei verschiedene Arten. Dazu gehörte das Mammuthus meridionalis, die ursprünglichste und am wenigsten an kaltes Klima angepasste Mammut. Dieses wurde vor 700.000 Jahren abgelöst vom Steppenmammut, auf das dann schließlich vor mehr als 300.000 Jahren das bekannte Wollmammut mit seinem dichten zotteligen Fell und der stark abfallenden Rückenlinie folgte.
Gemeinsame Vorfahren vor sechs Millionen Jahren
Doch wie nahe sind diese Wollmammuts und die heutigen Elefanten wirklich verwandt? Gab es gemeinsame Vorfahren? Auf diese Fragen haben mehrere internationale Wissenschaftler-Teams im Dezember 2005 in einer Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature eine Antwort gegeben.
Forschern um den Bioinformatiker Professor Daniel Huson von der Universität Tübingen, Hendrik N. Poinar von der kanadischen McMaster Universität und Stephan Schuster von der PennState Universität ist es beispielsweise gelungen, Teile des Erbguts des Wollmammuts zu entschlüsseln. Im Rahmen ihrer DNA-Analysen untersuchten sie Proben aus den Kieferknochen eines Mammuts, das Ende der 1990er Jahre am Taimyr-See gefunden wurde. Die Skeletteile sind nach Angaben der Forscher durch die niedrigen Temperaturen im Dauerfrostboden besonders gut erhalten geblieben.
„Das von uns in der Studie verwendete Knochenmaterial ist rund 28.000 Jahre alt. Dies haben Datierungen mithilfe der Radiocarbonmethode ergeben“, sagt dazu Poinar, Und weiter: „Das war eine überraschende Entdeckung, weil sie zeigte, dass das analysierte Material bereits 10.000 Jahre vor dem Höhepunkt der letzten Eiszeit eingefroren wurde.“
Im Rahmen der Untersuchungen verglichen die Forscher die gefundenen 13 Millionen Basenpaare der Mammut-DNA mit der von Hund, Mensch und des Afrikanischen Elefanten. Wie die Wissenschaftler ermittelten, stimmten das Genom des afrikanischen Riesen und des Mammuts zu 98,55 Prozent überein. Die Wissenschaftler gehen aufgrund der Unterschiede im Erbgut davon aus, dass Afrikanischer Elefant und das Symboltier der Eiszeiten einen gemeinsamen Urahnen hatten, der vor fünf bis sechs Millionen Jahren gelebt hat.
Explosive Artbildung
Zu noch erstaunlicheren Ergebnissen ist Michael Hofreiter vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie mit seinem Team gekommen. Die Forscher untersuchten nicht die DNA der Zellkerne wie Huson, Schuster & Co, sondern die der Mitochondrien. Die Forscher identifizierten im Rahmen ihres Projekts sämtliche knapp 17.000 Basenpaare und verglichen sie mit der Mitochondrien-DNA der heute noch lebenden Elefantenarten. Dabei stellte sich heraus, dass das Mammut – zumindest in Bezug auf seine mitochondriale DNA – deutlich näher mit dem Asiatischen als mit dem Afrikanischen Elefanten verwandt ist.
Während sich die Entwicklungslinien von Afrikanischem Elefanten und Mammut vor rund sechs Millionen Jahren trennten, war dies beim Mammut und dem Asiatischem Elefanten erst rund 440.000 Jahre später der Fall. Was sich für den Laien nach einer erheblichen Zeitspanne anhört, ist für Evolutionsbiologen nur eine Winzigkeit.
„Interessant ist auch, dass die Artbildung von Mensch, Schimpanse und Gorilla nicht nur etwa zur gleichen Zeit und am gleichen Ort – Afrika – stattgefunden hat wie die Artbildung zwischen Mammut und den beiden Elefantenarten, sondern beide Prozesse auch sehr schnell abgelaufen sind. Es besteht deshalb die Möglichkeit, dass vor sechs bis acht Millionen Jahren irgendetwas passiert ist – beispielsweise eine Änderung des Klimas – das zu sehr schnell aufeinander folgenden Artbildungen geführt hat. Und eine dieser Artbildungen ergab den evolutionären Zweig, der zum Menschen führte, weshalb wir uns jetzt darüber unterhalten können. Je besser wir das Umfeld der menschlichen Evolution verstehen, desto eher werden wir die Gründe dafür verstehen, warum Menschen entstanden sind“, kommentiert Hofreiter die Entdeckungen seines Teams im Interview mit g-o.de.
Stand: 27.01.2006