Murmeltiere haben es gut. Während wir Menschen im Winter auch bei Schnee und Eiseskälte regelmäßig unser behagliches Bett und die warme Wohnung verlassen müssen, können sie schlafen. Und dies gleich bis zu neun Monate lang. Murmeltiere gelten daher als Inbegriff der Winterschläfer schlecht hin, als Tiere, die dabei durch nichts aus der Ruhe zu bringen sind.
Sehnsucht nach den Weibchen
Aber weit gefehlt – zumindest, wenn es um die Männchen geht und ihre Paarungschancen. Denn dafür unterbrechen die Herren der Schöpfung gegen Ende des Winters sogar ihren Winterschlaf.
Dies haben zumindest Wissenschaftler der Pennsylvania State University um den Biologieprofessor Stam M. Zervanos vor einigen Jahren in den USA festgestellt. „Freilandbeobachtungen weisen daraufhin, dass die Männchen später in ihren Bauten verschwinden und früher aus ihnen wieder herauskommen als die Weibchen“, meint Zervanos.
Rendezvous am laufenden Band
In ihrer Studie überwachten die Forscher 32 freilebende Murmeltiere über vier Winterschlaf-Phasen mithilfe von Kameras und implantierten Temperaturmessern. Die Ergebnisse waren verblüffend. Denn die Männchen verließen schon kurz vor dem endgültigen Ende des Winterschlafs ihre Bauten und kamen an die Erdoberfläche. Etwa um in ihrem Revier nach dem Rechten zu sehen, vor allem aber um nach interessanten Weibchen Ausschau zu halten. „Nach dem Auftauchen bewegten sich die Männchen in einem bestimmten Gebiet und besuchten dabei oft Bauten von Weibchen“, so Zervanos.
Eines der männlichen Exemplare wagte sich dabei sogar über 100 Meter von dem eigenen Zuhause weg, um dem Eingang eines Weibchenbaus zu untersuchen. Tatsächlich „erhörte“ ihn die Bewohnerin nach kurzer Zeit und beide verbrachten fast zwei Tage miteinander.
Anbahnen statt paaren
Doch auch danach war der Entdeckergeist des Murmeltier-Manns noch nicht befriedigt – er zog gleich zur nächsten „Dame“ weiter. Später verschwanden alle drei wieder einzeln in ihren Quartieren, um nochmal eine längere Schlafphase einzulegen. Zu Paarungen kam es während der Rendezvous nach den Ergebnissen der Forscher allerdings nicht. „Das ist wichtig. Denn wenn es zu früh zu Begattungen kommt, werden die Jungen bereits zu einer Zeit im Frühling abgestillt, wo das Futterangebot noch gering ist“, erklärt Zervanos.
Die Wissenschaftler glauben deshalb, dass die Unterbrechung des Winterschlafs der Männchen zum Anbahnen von späteren Kontakten dient und und damit ihre Chancen Partner zu finden, deutlich erhöht. Dazu noch einmal der Biologe: „Die frühe Kontaktaufnahme und das Abstecken der Territorien für die Paarung schaffen optimale Voraussetzungen für die Fortpflanzung und das Überleben der Sprösslinge“.