Anthropogeographie

Fund in Ruinen

Die Stele von Tel Dan und das Haus Davids

War König David eine historische Gestalt oder doch nur eine Legende, eine Symbolfigur? Bis heute gibt es auf diese Frage keine eindeutige Antwort. „Die Archäologie kann die Geschichten weder beweisen noch widerlegen“, erklärt der US-Archäologe William Dever.

Mangel an Beweisen

Das Problem: Obwohl Archäologen inzwischen tausende von historischen Inschriften und Dokumenten im Nahen Osten gefunden haben, klafft ausgerechnet bei den Zeugnissen aus der Zeit Davids eine Lücke. Ägypten war zu sehr damit beschäftigt, sich von Kämpfen mit den Seevölkern zu erholen. Für Mesopotamien sprechen Forscher sogar von einer „dunklen Ära“, weil aus dieser Zeit kaum Zeugnisse erhalten sind.

Bis vor rund 15 Jahren gab es daher keinerlei Belege für die Existenz Davids oder seines Reichs. „Keine Inschrift erwähnt ihn. Keine archäologische Entdeckung kann mit Sicherheit mit ihm in Verbindung gebracht werden“, brachte es der US-Archäologe Kyle McCarter damals auf den Punkt. „Die Bibel ist unsere einzige Informationsquelle über David – und die Suche nach einem historischen David pure Exegese.“

Die Stele von Tel Dan könnte einen Verweis auf das "Haus Davids" tragen. © &

Die Stele von Tel Dan

Doch im Jahr 1993 machten Archäologen einen aufsehenerregenden Fund: Bei Ausgrabungen in den Ruinen von Tel Dan im Norden Israels bemerkte eine Forscherin an einem Mauerstein schwache Spuren von Schriftzeichen. Nähere Untersuchungen enthüllten mehrere Fragmente einer Basaltstele, in die ein längerer Text in aramäischer Schrift eingraviert worden war. Die Inschrift stammt aus dem neunten Jahrhundert – und damit aus einer Zeit kurz nach der möglichen Herrschaftszeit König Davids.

In dem Text berichtet ein König von Aram, einem damals im Norden der Stadt Dan liegenden Gebiet, von Siegen über seine Feinde. Die Sensation aber verbirgt sich in der neunten Zeile. Dort steht der Ausdruck ביתדוד – übertragen in lateinische Schrift „bjtdwd“. Diese Buchstabenkombination interpretieren die meisten Forscher als „beit David“ – vom Haus Davids. Es ist die erste bekannte Erwähnung dieses Namens als Urheber eines „Hauses“ und damit einer Stammesgruppe oder Dynastie.

„Haus Davids“ – eine Königsdynastie?

Noch interessanter wird der Ausdruck „Haus Davids“ durch seinen Kontext: Der aramäische König berichtet in diesem Textteil davon, dass er den israelischen Königssohn Ahaz aus dem Hause Davids getötet hat. „Es gibt keinen Zweifel daran, dass diese Inschrift eines der bedeutendsten Artefakte mit Bezug zur Bibel ist, die jemals gefunden wurden“, konstatiert Eran Arie vom Israel-Museum in Jerusalem. „Sie belegt, dass das ‚Haus Davids‘ damals in dieser Region bekannt war – und dass ein solcher König keine literarische Erfindung einer viel späteren Periode war.“

Abschrift der Stele von Tel Dan mit der Phrase "Haus Davids". © Schreiber/ CC-by-sa 3.0

Einige Forscher allerdings sehen dies kritischer. „Ich neige dazu anzunehmen, dass Juda in dieser Zeit vom Haus Davids beherrscht wurde“, kommentiert Philip Davies von der University of Sheffield in der Zeitung Haaretz. „Aber ob das ‚David‘ in ‚Haus Davids‘ für eine Person steht oder nur einen Titel oder Ort, bleibt unklar.“

Erwähnung auch in Hieroglyphen?

Immerhin sind seither noch zwei weitere mögliche Verweise auf ein „Haus Davids“ aufgetaucht. Einer davon befand sich auf einer Stele, die bereits 1868 in den Ruinen von Dibon, der alten Hauptstadt des Reichs Moab gefunden wurde. Die Stele wurde zwar wenig später von Beduinen zerstört, doch ein Abrieb der Inschrift blieb in Teilen erhalten. Dort ist der Passus zu lesen: „Und das Haus Davids hielt sich in Horonen auf“ – davon jedenfalls ist unter anderem der französische Archäologe André Lamaire überzeugt. Allerdings: Ein Buchstabe im Namen „David“ ist beschädigt, weswegen diese Interpretation umstritten ist.

Ähnlich strittig ist eine dritte mögliche Erwähnung Davids – diesmal auf einem ägyptischen Relief. In einer Inschrift am Tempel von Karnak beschreibt Pharao Scheschonq I. seinen Feldzug nach Palästina im Jahr 925 vor Christus. Unter den darin erwähnten Ortsnamen ist eine Phrase, die der britische Ägyptologe Kenneth Kitchen als „Hochland oder Höhen von David“ übersetzt. Ob damit allerdings eine Person oder doch eher ein Ort oder Stamm gemeint war, bleibt auch hier offen.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. weiter

Nadja Podbregar
Stand: 25.05.2018

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Streit um König David
Biblischer Mythos oder historische Figur?

Die Vorgeschichte
Von Kanaan bis Israel

Vom Hirten zum König
Der David der Bibel

Fund in Ruinen
Die Stele von Tel Dan und das Haus Davids

Die "Stadt Davids"
Spurensuche in Jerusalem

König ohne Reich?
Über wen herrschte David?

Umstrittenes Erbe
Was ist das Fazit?

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

War der biblische "Sonnenstillstand" eine Eklipse?
Eine annuläre Sonnenfinsternis über Kanaan könnte Schilderung im Buch Josua erklären

Mysteriöse Symbole im Großsteingrab
In Israel entdeckter Bronzezeit-Dolmen erweist sich als einzigartig – und rätselhaft

Stoffreste aus der Zeit König Salomos entdeckt
Archäologen finden 3.000 Jahre alte Textilien in alten Kupferminen des Negev

Das Tor zu Goliaths Heimatstadt
Archäologen finden Befestigungsanlagen der biblischen Stadt Gat

Dossiers zum Thema