Sonnensystem

Gashülle im Wandel

Was wissen wir über die Plutoatmosphäre?

Hat der Pluto eine Atmosphäre? Und wenn ja, was für eine? Erste Hinweise darauf gab eine so genannte stellare Okkultation: Wenn der Planet genau vor einem Stern vorüberzieht, verdeckt er für einen Moment dessen Licht. Im Juni 1988 beobachteten Astronomen, dass das Sternenlicht dabei nicht plötzlich wie abgeschnitten hinter Pluto verschwand, sondern allmählich schwächer zu werden schien, bis es schließlich komplett verdeckt war. Aus dieser Brechung und Streuung des Lichts während des Dimmens kalkulierten die Forscher, dass Pluto eine –wenn auch extrem dünne – Atmosphäre besitzen muss.

Okkultation des Pluto: Ein Stern wandert genau hinter dem Zwergplaneten vorbei. Aus der Länge des Verdeckung und den Übergängen zwischen Sichtbarkeit und Verdeckung können Astronomen auf das Vorhandensein einer Atmosphäre schließen © JHUAPL

Wolkenschleier oder Temperaturgrenze?

Und noch ein wichtiges Ergebnis lieferte die Okkultation: Das Sternenlicht konnte offenbar nicht ganz bis zur Oberfläche des Pluto durchscheinen, es verschwand schon vorher. Daraus schlossen die Astronomen, dass der Kleinplanet möglicherweise von einer Art Schleier, vielleicht sogar Wolken bedeckt sein könnte. Bisher sind dies jedoch nur Vermutungen. Genauso gut wäre es möglich, dass ein starker Temperaturunterschied zwischen der Oberfläche und der Atmosphäre in zehn Kilometern Höhe für diese Lichtblockade verantwortlich ist.

Im Jahr 2005 lieferten Messungen des Weltraumteleskops Hubble ein weiteres Teil im Atmosphärenpuzzle: Die Temperatur auf der Oberfläche des Pluto lag bei rund -230°C und war damit um rund zehn Grad kälter als sie den Berechnungen nach eigentlich sein dürfte. Aber warum? Für die Astronomen war die Antwort klar: auch hier musste eine Atmosphäre im Spiel sein.

Woraus besteht die Pluto-Atmosphäre?

Aus Beobachtungen von Kometen wussten die Forscher, dass diese eisigen Körper in Sonnennähe auszugasen beginnen: Teile ihres Oberflächeneises sublimieren, sie gehen direkt vom festen in den gasförmigen Zustand über. Ähnliches musste auch auf dem Pluto geschehen. Da dessen Oberfläche hauptsächlich aus Stickstoffeis mit kleineren Anteilen von Methan und Kohlenmonoxid besteht, lag der Schluss nahe, dass die Atmosphäre ebenfalls aus diesen Komponenten besteht.

Der Neptunmond Triton in einer Aufnahme der Raumsonde Voyager 2 © NASA/JPL

Damit wäre der Pluto neben der Erde, dem Saturnmond Titan und dem Neptunmond Triton einer von nur vier Himmelskörpern im Sonnensystem mit einer primär aus Stickstoff bestehenden Atmosphäre. Ähnlich wie auf Triton liegt der atmosphärische Druck extrem niedrig: Er beträgt gerade einmal drei bis 100 Mikrobar und ist damit millionenfach geringer als auf der Erde.

Und nicht nur das: Der Druck könnte noch weiter abnehmen. Denn die Sublimation ist dann am größten, wenn ein Himmelskörper viel Sonnenlicht und damit Wärme erhält. Pluto jedoch kreist nicht wie die meisten anderen Planeten auf einer annähernd kreisförmigen oder leicht elliptischen Umlaufbahn, sondern tanzt aus der Reihe: Sein 248 Jahre dauernder Umlauf ist extrem exzentrisch. Die Entfernung zur Sonne schwankt zwischen nur 29,7 Astronomischen Einheiten (AU) und 49,7 AU.

Sensibles Gleichgewicht

Solange sich der Kleinplanet im sonnennahen Bereich seines Orbits befindet, sublimiert Eis von der Oberfläche und versorgt damit die Atmosphäre mit Gasnachschub. Den sonnennächsten Punkt hat Pluto jedoch bereits 1989 passiert. Noch zehrt der Kleinplanet von der gespeicherten Sonnenwärme, dadurch hat sich seine Atmosphäre in den letzten Jahrzehnten weiter verdickt, wie Messungen zeigen. Doch dieser Trend kehrt sich unausweichlich um, wenn sich der Abstand zur Sonne immer weiter vergrößert.

Wann es soweit ist, wissen die Astronomen nicht. Sicher ist jedoch, dass der Punkt kommt, an dem mehr Gas aus der Atmosphäre an der Oberfläche zu Eis kondensiert als sublimiert. Ab dann wird die Atmosphäre kontinuierlich dünner, bis sie irgendwann ganz verschwunden ist.

  1. zurück
  2. |
  3. 1
  4. |
  5. 2
  6. |
  7. 3
  8. |
  9. 4
  10. |
  11. 5
  12. |
  13. 6
  14. |
  15. 7
  16. |
  17. 8
  18. |
  19. 9
  20. |
  21. 10
  22. |
  23. weiter

Nadja Podbregar
Stand: 01.07.2015

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Pluto - Außenseiter im Sonnensystem
New Horizons besucht den geheimnisvollen Zwergplaneten

Die Suche nach Planet X
Percival Lowell, Clyde Tombaugh und die Entdeckung des Pluto

Eisiges Rätselraten
Woraus besteht die Oberfläche des Pluto?

Innenleben als „Black Box“
Gibt es einen Ozean unter der Eiskruste?

Gashülle im Wandel
Was wissen wir über die Plutoatmosphäre?

Der Doppelplanet
Wie Pluto zu seinem Mond kam

Außenseiter mit dunkler Vergangenheit
Woher stammt Kleinplanet 134340?

Abschied vom neunten Planeten
Pluto wird „heruntergestuft“

Der Außenseiter bekommt Besuch
Die NASA-Mission New Horizons

Januskopf und Fleckenreihe
Die ersten neuen Aufnahmen und Daten der Raumsonde

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Charon als kosmische Eismaschine
Neue Daten belegen flüssiges Wasser im Inneren und aktiven Cryovulkanismus

Abschied von Planet Pluto
Internationale Astronomische Union beschließt erste Definition des Planetenbegriffes

„Xena“ größer als Pluto
Wird der eisige Himmelkörper zehnter Planet des Sonnensystems?

"Planeten-Nachwuchs" im Sonnensystem?
Himmelskörper „Xena“ größer als Pluto

„Großer Bruder“ des Pluto entdeckt
Eisiger, bisher erdähnlichster Exoplanet mit nur der fünffachen Erdmasse

„New Horizons“ auf dem Weg zum Pluto
NASA-Mission besucht Planeten am Rand des Sonnensystems

Pluto-Mond Charon vermessen
Seltene Sternen-Okkultation erlaubte erstmals genau Bestimmung von Radius und Dichte

Dossiers zum Thema