Ein kleines Gedankenspiel: Falls eines fernen Tages eine intelligente Spezies die Überreste der menschlichen Zivilisation ausgräbt und dabei auf unsere fossilen Knochen stößt, welche Rückschlüsse würde sie aus deren Anatomie ziehen? Unser großer Schädelraum würde sie wahrscheinlich vermuten lassen, dass wir recht intelligent waren, unsere Zähne, dass wir Nahrung gründlich zerkauten, und unsere Hüfte, dass wir aufrecht gingen.
Besonderes Interesse würden aber auch unsere langen Beine mit den verhältnismäßig kurzen Achilles-Sehnen erregen. Aus ihnen würde die forschende Spezies schließen: Dieses Wesen war geboren, um zu laufen.
Unsere Vergangenheit als Hetzjäger
Wir sind zwar nicht die schnellsten Läufer im Tierreich – gegen einen Sprint-Experten wie den Geparden hätten wir keine Chance – , dafür aber die ausdauerndsten. Archäologen gehen davon aus, dass unsere Vorfahren einst fast jedes Beutetier zu Tode hetzen konnten, darunter Zebras, Antilopen und Wildpferde. Aber wie?
„Viele Teile unserer Anatomie – von unseren Zehenspitzen bis zum Kopf – sind speziell darauf ausgerichtet, uns zu guten Läufern zu machen. Unser sogenanntes Nackenband hilft unserem Kopf dabei, nicht ständig nach vorn zu kippen. Unsere flachen Gesichter und unsere Zähne, die sich relativ weit hinten in unserem Kopf befinden, helfen auch dabei, beim Laufen einen guten Körperschwerpunkt zu behalten“, erklärt Vybarr Cregan-Reid von der University of Kent gegenüber „National Geographic“.
Schwitzen als Gabe
Greg Watry von der University of California, Davis, ergänzt einen weiteren entscheidenden Faktor: „Die Muskeln, die für unsere Fortbewegung zuständig sind, werden von langsam zuckenden, ermüdungsresistenten Fasern dominiert.“ Diese auch als Typ I bekannten Muskelfasern enthalten besonders viele Blutgefäße und Mitochondrien sowie das Muskelprotein Myoglobin. Dadurch können die Fasern Sauerstoff besonders effizient zur Energiegewinnung nutzen und uns Ausdauer verleihen.
Doch all diese Anpassungen wären längst nicht so effektiv, besäßen wir nicht eine entscheidende Superkraft: Schweiß. Wir Menschen gehören zu den wenigen Tieren, die schwitzen und dadurch Wärme ableiten können. Diese eingebaute Kühlanlage arbeitet durch unseren aufrechten Gang sogar noch effizienter.
„Weil wir auf zwei Beinen und Füßen laufen, sind nur 40 Prozent unseres Körpers der Mittagssonne ausgesetzt. Bei den meisten anderen Säugetieren sind es 70 Prozent. Dadurch können wir unsere Körpertemperatur besser kühl halten“, erklärt Cregan-Reid. Während die Antilope nach stundenlanger Verfolgungsjagd irgendwann überhitzt und erschöpft in sich zusammenbricht, sind wir noch fit.