Heute strömen jährlich rund drei Millionen Touristen nach Pompeji: Touristen, die in Gruppen zu immer denselben Stationen geführt werden, die über antike Bürgersteige wandern, Fresken berühren, Müll hinterlassen, im schlimmsten Fall Mosaiksteine entfernen oder Telefonnummern an die Wände schreiben.

Sex sells
Sie betreten die Stadt über einen steilen Anstieg von Südwesten, durch die Porta Marina, bewundern die heute zwei Spitzen des Vesuvs vom Forum aus, machen eine Mittagspause auf den rekonstruierten Stufen des Theaters und lernen römische Badekultur in den Stabianer Thermen kennen, bevor es als Highlight in das Bordell in der Regio VII geht.
Das Eckhäuschen ist symptomatisch für den Besucherandrang in der antiken Kleinstadt: Die Warteschlange durchzieht an Sommertagen die ganze Straße. Dicht an dicht drängeln sich die Besucher durch die fünf winzigen Zellen, über deren Türen gemalte erotische Szenen unmissverständlich die hier käuflichen Serviceleistungen illustrieren. Sex sells, auch heute noch – mit Folgen für die antike Bausubstanz.
Nur wer Zeit und Entdeckerlust hat und nicht dem Zwang einer geführten Gruppe unterliegt, kann sich in den leeren Gässchen der Regio VIII im Süden der Stadt verlieren, die wunderbaren Fresken der Casa di Marcus Lucretius Fronto in Stille bewundern oder die Stadt bei einem frühabendlichen Spaziergang entlang der Stadtmauern („passeggiata sulle mura“) von oben betrachten.