Die eigene Umgebung wahrzunehmen und zu interpretieren, ist für uns Menschen eine Selbstverständlichkeit. Unsere Sinnesorgane erlauben es uns, eine Vielzahl von Reizen zu detektieren, und unsere Sprache ermöglicht es uns, unsere Eindrücke mit anderen Menschen zu teilen.
Auch Bakterien haben Sensoren, die es ihnen erlauben, Reize aus ihrer Umwelt wahrzunehmen. Gleichzeitig haben sie die Fähigkeit entwickelt, Informationen durch Kommunikation auszutauschen. Wie diese Kommunikation funktioniert, in welcher Weise dadurch die Physiologie der Bakterien kontrolliert wird und letztendlich das Wechselspiel zwischen Mensch und Bakterien beeinflusst werden kann, wird von Wissenschaftlern intensiv erforscht.
Vermeintlich einfache Organismen
Oberflächlich betrachtet bestehen Bakterien aus kaum mehr als einer mit Proteinen und Erbinformation in Form der DNA gefüllten Lipidhülle. Trotzdem gehören sie zu den wichtigsten Organismen auf unserem Planeten. Rund 50 Prozent allen Lebens auf der Erde ist bakteriellen Ursprungs. Die ersten Bakterien besiedelten die Erde bereits vor etwa 3,5 Milliarden Jahren – und damit lange bevor sich die ersten Säugetiere vor rund 300 Millionen Jahren entwickelten.
Es ist daher nicht überraschend, dass Bakterien einen zentralen Einfluss auf das menschliche Leben haben. Viele leben als Kommensale in uns – als nützliche Mitbewohner, die uns beispielsweise als Darmflora helfen, unsere Nahrung zu verdauen, die Vitamine bereitstellen und uns vor Krankheitserregern schützen. Andere Bakterien sind Pathogene, die unsere Gesundheit bedrohen und unser Immunsystem schwächen.
Keine reinen Einzelkämpfer
Lange Zeit ging man davon aus, dass Bakterien als isolierte, einzellige Organismen leben, deren alleinige Funktion darin besteht, sich zu vermehren. Heute wissen wir, dass Bakterien in der Lage sind, sich als Gruppen zu organisieren und soziale Strukturen zu koordinieren. Wie schaffen es diese vermeintlich einfachen Organismen, solch komplexe Aufgaben zu bewältigen?
Die Antwort liegt mitunter in einem Prozess, der sich „Quorum Sensing“ nennt und die Kommunikation zwischen Bakterien beschreibt. Ähnlich wie höhere Organismen können auch Bakterien kommunizieren. Die „Wörter“ dieser Sprache bestehen aus niedermolekularen Signalmolekülen, die von den Bakterien produziert und ausgeschüttet und von benachbarten Bakterien in der Umgebung wahrgenommen werden.
Kai Papenfort, Kristen Jung/ Bayerische Akademie der Wissenschaften
Stand: 24.11.2017