Selbst die Lichtenergie wird an der Oberfläche von Neutronensternen stark beeinflusst, die Wellen werden laut Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie (ART) gedehnt, sie erfahren eine Gravitationsrotverschiebung von rund 0,2. Um diese Verschiebung allein mittels Geschwindigkeit durch die universale Expansion zu erreichen, müsste ein Objekt immerhin etwa drei Milliarden Lichtjahre weit weg sein und sich mit 60.000 Kilometern pro Sekunde von uns entfernen.
Ein extrem widerstandsfähiger Astronaut würde eine wirklich utopische Welt erleben. Die dünne glatte Kruste eines Neutronensterns besteht aus aneinander geketteten, also polymerisierten Eisenatomen, die sich zu einem gigantischen Panzer zusammenfügen – ein Materiegefängnis, millionenmal fester als Stahl und unvergleichlich stabiler als die besten »schwedischen Gardinen«.
Direkt unterhalb dieser undurchdringlichen Schicht stellen sich Theoretiker neutronenreiche Atomkerne vor, die so dicht gepackt sind, dass sie entgegen allen irdischen Verhältnissen nicht mehr radioaktiv zerfallen, sondern stabil bleiben. Je tiefer es in den Stern hinab geht, desto stärker wird die Materie in den Schwitzkasten genommen. Sie beginnt dann auch tatsächlich zu »schwitzen«, indem sie einzelne Neutronen absondert. Dieser Phasenübergang führt in noch größerer Tiefe zur Bildung eines Neutronenozeans.
Was wiederum darunter liegt, entzieht sich noch der Ergründung. Doch genau hier könnte die Lösung des Rätsels von RX J1856 begraben liegen. Möglicherweise bewirkt die Schwerkraft hier einen zweiten Phasenübergang, betätigt sich als monströse Saftpresse und drückt die geheimnisvollen »Quarks« aus den Neutronen heraus.
Physiker bemühen sich darum, die Zahl der Materiebausteine auf ein Minimum zu reduzieren. Schon der altgriechische Gelehrte Demokrit forschte nach den unteilbaren winzigsten Einheiten der Materie und sprach von den »Atomen«. Heute verstehen wir darunter die kleinsten Bestandteile der chemischen Elemente.
Doch auch sie lassen sich weiter in Elementarteilchen zerlegen. Von den »schweren« Teilchen, den so genannten Hadronen, waren bis in die 1960er Jahre aber bereits wieder rund hundert unterschiedliche Arten entdeckt worden. Die Physiker schöpften Verdacht: Für Grundbausteine waren das einfach zu viele. Schließlich erkannten sie neue Gesetze im anfänglichen Gewirr.
1964 schlugen dann die beiden amerikanischen Theoretiker Murray Gell-Mann und George Zweig unabhängig voneinander ein neues Modell vor. Mit lediglich 18 neuen Subpartikeln und ihren Antiteilchen konnten sie nun die Eigenschaften des gesamten Teilchenzoos erklären. Gell-Mann besann sich bei der Taufe der »Neulinge« auf einen Fantasienamen aus »Finnegan’s Wake« von James Joyce. Da ist von »drei Quarks« die Rede. So nannte er die frisch entdeckten Bausteine »Quarks«, denn genau drei davon sind nötig, um je ein Proton oder Neutron zu schaffen.
Stand: 19.09.2002