Es geht auch ohne Pflaster oder Nadeln: Machmal reicht schon ein unscheinbares Gel, um das Mittel der Wahl unter die Haut zu bringen. Beliebt ist diese Strategie unter anderem bei Hormonen. Ob als Lifestyledroge für das „Anti-Aging“, als Hormontherapie in den Wechseljahren oder als Mittel gegen Impotenz – Hormongele sind „in“.
Gele für sie…
Östrogengele gegen Wechseljahresbeschwerden sind bereits seit einigen Jahren auf dem Markt und erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Die durchsichtigen Lotionen werden nach dem Auftragen auf die Haut rasch in das Stratum corneum der Epidermis aufgenommen, schon nach wenigen Minuten ist an der Hautoberfläche nichts mehr von dem Gel zu sehen oder nachzuweisen.
Einmal in der Hornhaut angelangt, kommt dem Wirkstoff Estradiol seine spezielle Struktur zugute: Weil es ebenso wie die Lipide der Hornhaut bipolar ist, es einen Wasser abweisenden und einen Wasser anziehenden Pol besitzt, löst es sich ohne große Probleme in den Zellzwischenräumen des Stratum corneum. Dadurch entsteht hier ein regelrechtes Hormonreservoir, aus dem der Wirkstoff langsam, aber gleichmäßig in die tieferen Hautschichten und über die Hautkapillaren in das Blut wandert. Der Vorteil: Einmal am Tag eincremen reicht aus, um den Hormonspiegel im Blut fast kontinuierlich auf gleichem Niveau zu halten – bei Tabletten oder Spritzen ist das nicht der Fall.
…und ihn
Nach ganz ähnlichem Prinzip funktioniert auch das Hormongel für den Mann: Hier ist es das männliche Geschlechtshormon Testosteron, dass über eine Lotion durch die Hornhaut geschleust wird. Gerade bei der Behandlung von altersbedingten Potenzproblemen wird das Hormongel bereits häufiger eingesetzt. Aber auch als Kraftmacher und Anti-Aging-Mittel ist es im Trend.
Unter anderem auch deshalb, weil es als besonders schonende Methode gilt. Denn da das Testosteron dabei ohne lange Umwege ins Blut gelangt, sind wesentlich geringere Konzentrationen nötig, um den gewünschten Effekt zu erzielen. Zudem wird auch hier, ähnlich wie bei den Estradiolgelen für die Frau, das Hormon über die Haut gleichmäßiger an das Blut abgegeben als bei anderen Applikationsformen.
Mit Gel und Licht gegen Krebs
Ebenfalls mithilfe von Gelen, aber mit anderer Zielsetzung, arbeiten sich Wissenschaftler der Universitätshautklinik in Frankfurt am Main durch die Hornhautbarriere hindurch. Sie haben zwei Gele entwickelt, die gezielt Frühformen des Hautkrebses bekämpfen. Bei einer davon sind es spezielle Säuren, die das Stratum corneum passieren. Diese Aminolävulinsäure (ALA) und ihre Derivate werden, beispielsweise in der Basalschicht, vermehrt von Krebszellen aufgenommen und angereichert, da diese einen aktiveren Stoffwechsel haben als gesunde Zellen.
Einmal aufgenommen wandelt sich die Säure im Laufe einiger Stunden in Porphyrine um – die eigentlichen Hauptdarsteller im ganzen Geschehen. Denn jetzt passiert das Entscheidende: Die Haut wird von außen mit Rotlicht bestrahlt und die Porphyrine setzen hochaggressive Sauerstoffradikale frei, die die Tumorzelle von innen heraus zerstören. Und das, ohne die umliegenden gesunden Zellen zu schädigen.
Professor Roland Kaufmann, Direktor der Universitätshautklinik, sieht in den Hautgelen eine durchaus zukunftsträchtige Strategie: „Die neuen Behandlungsoptionen erweitern dabei ganz wesentlich unsere Möglichkeiten.“ Doch dummerweise gibt es bislang noch einen Hemmschuh für den Siegeszug der Krebsgele: „Die Cremes sind ziemlich teuer – da können schnell ein paar Hundert Euro zusammen kommen“, erklärt der Wissenschaftler. Und noch werden die neuen Therapieformen nicht von den Kassen getragen.
Stand: 09.07.2004