Biotechnologien

Genetische Elite am Start

Welche Rolle spielen gute Gene für den sportlichen Erfolg?

Wer an Olympia teilnimmt, gehört zu besten seiner sportlichen Disziplin. Schon lange vor Beginn der Spiele hat er oder sie zahlreiche Wettkämpfe absolviert und sich gegen Dutzende andere Sportler durchgesetzt. Was aber prädestiniert einen Sportler zum Ausnahmeathleten? Sicher gehören Fleiß, Ausdauer und unermüdliches Training dazu. Aber das letzte Quäntchen Leistungsfähigkeit ist wohl doch eher Veranlagung – einige scheinen eben einfach zum Läufer oder Hochspringer geboren.

Sprinter bei einem 100-Meter-Lauf © Paul Foot / CC-by-sa 2.0 us

„Es gibt wachsende Hinweise darauf, dass Weltklasse-Athleten einen bestimmten Mindestsatz an leistungssteigernden Genen in sich tragen“, erklären Juan Enriquez und Steve Gulans dazu in einem Kommentar im Fachmagazin „Nature“. Bisher seien mindestens 200 Genvarianten bekannt, die bei Athleten häufiger vorkämen als beim Bevölkerungsdurchschnitt. So trägt jeder bisher getestete männliche Olympia-Sprinter und Kraftsportler das sogenannte 577R-Allel in seinem Erbgut. Diese Genvariante gilt als „Kraft-Gen“, das bei etwa der Hälfte aller Eurasier und 85 Prozent aller Afrikaner vorkommt. „Die Milliarden Menschen, denen dieses Gen fehlt, sollten daher vielleicht ihre Olympia-Ziele überdenken“, so Enriquez und Gulans.

Sherpa-Gen hilft Ausdauersportlern

Eine weitere leistungssteigernde Genvariante ist die sogenannte I-Variante des ACE-Gens. Träger dieses Gen besitzen eine höhere Ausdauer und können beispielsweise deutlich problemloser einen 8.000-er besteigen als ihre „normalen“ Artgenossen. Es ist daher nur folgerichtig, dass 94 Prozent der Sherpas im Himalaya dieses Gen in sich tragen, im Rest der Welt sind es nur zwischen 45 und 70 Prozent. Aber auch unter Leistungssportlern häuft sich dieses Ausdauergen: Forscher haben festgestellt, dass es bei Läufern der langen Distanzen überdurchschnittlich häufig vertreten ist.

Viele Sherpas verdanken ihre Ausdauer vermutlich einer Genvariante © Peter Krohn 2001

Einen Extremfall im Hinblick auf genetische Vorteile stellte vielleicht der in den 1960 und 70er Jahren erfolgreiche finnische Skilangläufer Eerto Mäntyranta dar: Er trägt eine Mutation im Erythropoetin-Gen, durch die er besonders viele rote Blutkörperchen produziert. Sein Blut kann damit von Natur aus 25 bis 50 Prozent mehr Sauerstoff zu den Muskeln transportieren. Heute würde er damit bei einem Dopingtest prompt auffallen und müsste vermutlich nachweisen, dass dieser Effekt bei ihm natürlich ist.

„Zukünftige olympische Spiele werden sich noch mehr mit Fragen der Genetik auseinandersetzen müssen“, erklären Enriquez und Gulans. Denn schon jetzt gibt es die Befürchtung, dass Athleten damit beginnen, ihre Leistung künstlich mit Genen aufzurüsten. Und was ist mit Sportlern, die zum Beispiel als Kinder eine Gentherapie gegen einen Defekt erhalten haben und quasi als Nebenwirkung dadurch leistungsfähiger werden als normal? Sollen diese dann zukünftig disqualifiziert werden? Oder bekommen sie dann ein Handicap, damit auch genetisch Benachteiligte gegen sie eine Chance haben? Und ist der Wettkampf noch gerecht, wenn einige Athleten durch ihr besseres Erbgut Vorteile haben?

  1. zurück
  2. 1
  3. |
  4. 2
  5. |
  6. 3
  7. |
  8. 4
  9. |
  10. 5
  11. |
  12. 6
  13. |
  14. 7
  15. |
  16. weiter

Nadja Podbregar
Stand: 26.07.2012

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Gene, Doping und Medaillen
Kommt die genetische Manipulation im Sport?

Genetische Elite am Start
Welche Rolle spielen gute Gene für den sportlichen Erfolg?

Von der Muskelmaus zum Superathlet
Forscher entdecken neue Ansatzstelle für Gendoping-Versuche

Wie machbar ist Gendoping?
Labore und klinische Studien als unfreiwillige Gendoping-Lieferanten

Nachweisverfahren gesucht
Wie kommt man Gendopern auf die Schliche?

Tumore, Knochenbruch und Herzschäden
Die Schattenseite des Gendopings

Mit Teetrick gegen den Urintest
Grüner Tee maskiert erhöhte Testosteronwerte

Diaschauen zum Thema

News zum Thema

Dopingmittel Epo wirkt auch im Gehirn
Bluthormon löst leistungssteigernden Motiviationsschub aus

Mäuse: Superkräfte durch Ausschalten eines Moleküls
Effekt könnte zur Behandlung von Muskelschwäche beim Menschen genutzt werden

Doping als Volkssport
Forscher: Mehr als eine Million Freizeitsportler begehen Medikamentenmissbrauch

Alarm für Gendoper
Erstes Nachweisverfahren für eine Gendopingsubstanz entwickelt

Dossiers zum Thema

Doping - Siege, Rekorde und Medaillen um jeden Preis?