Zustand des Tunnels: Bedenklich. Situation bei Flucht- und Rettungswegen: Katastrophal. Brandlüftung: Nicht vorhanden. Gesamturteil: Mangelhaft. Dieses verheerende Urteil über einen Tunnel stammt nicht aus der Urzeit des unterirdischen Röhrenbaus sondern aus dem aktuellen Tunneltest 2003 des ADAC. Die Experten in Sachen Sicherheit haben zum wiederholten Male Tunnel in 14 Ländern unter die Lupe genommen.
Nicht nur bei der erst 1997 auf Mallorca gebauten Soller-Röhre kamen sie dabei zu derart vernichtenden Ergebnissen. Insgesamt elf der 25 untersuchten unterirdischen Bauwerke wurden mit dem Prädikat bedenklich oder mangelhaft belegt. Dazu gehörten unter anderem der Waasland-Tunnel in Belgien, der Blackwell Nord in Großbritannien und der Maastunnel in den Niederlanden. Die Tunnel-Tester monierten bei diesen Röhren unter anderem, dass der Verkehrsfunk nicht durchgehend zu empfangen war oder kein automatisches Verkehrserfassungssystem und keine Pannenbuchten zur Verfügung standen.
Beim Blick in die Röhre kam aber nicht nur Negatives zu Tage. Drei Tunnel erhielten die Note sehr gut. Dazu zählten der spanische Somport, ein Grenztunnel zwischen Zaragoza in Spanien und Pau in Frankreich und der Pomy bei Yverdon in der Schweiz.
Vor allem jedoch der erst 2002 in Betrieb genommene Weserauentunnel bei Porta Westfalica beziehungsweise Minden an der B 61n schnitt prima ab und verfügt laut ADAC „über alles, was einen modernen Tunnel auszeichnet.“ Die beiden Röhren sind beispielsweise über Querverbindungen miteinander verbunden, die als zusätzliche Flucht- und Rettungswege genutzt werden können. Der Verkehr wird durch Videokameras lückenlos überwacht, es gibt ausreichend Pannenbuchten, Notruftelefone und Feuerlöscher. Notfälle werden automatisch erfasst und mittels geeigneter Programme gemanagt. Auch für den Fall eines Brandes ist man hier bestens gerüstet.
Auch die beiden anderen getesteten deutschen Röhren, der Elbtunnel und der Petuel, ein Stadttunnel in München, erhielten die Gesamtnote „gut“. Im Testbericht wurden unter anderem das Brandmeldesystem, eine automatische Aktivierung der Lüftung im Schadensfall und eine Tunnelsperrung bei einer Brandmeldung lobend erwähnt.
Der ADAC hatte den jährlichen Tunneltest im Jahr 1999 gestartet, nachdem bei einem schweren Brand im Montblanc-Tunnel 40 Menschen ums Leben gekommen waren. Ursache für die Katastrophe war ein belgischer Laster, der mit Mehl und Margarine beladen im Tunnel in Brand geriet und für einen verhängnisvollen Auffahrunfall sorgte.
Im Vergleich zu Straßentunneln, wo manchmal schon ein abgewürgter Motor für eine Katastrophe sorgen kann, sind Eisenbahnröhren weniger unfallträchtig. Wie wichtig aber auch hier gute Brandschutz- und Sicherheitssysteme sein können, zeigte das Feuer im dafür gut ausgerüsteten Kanaltunnel im Jahr 1996. Trotz vieler Pannen beim Katastrophenmanagement kamen alle Zuginsassen mit dem Leben davon…
Stand: 20.10.2003