Der größte Anteil der eingeschleppten Arten hat kaum Auswirkungen auf die heimische Flora und Fauna. In einigen Fällen verdrängen sie aber native Arten und können ganze Ökosysteme verändern, indem sie zum Beispiel Nährstoffflüsse verändern, neue Habitate schaffen oder zentrale Positionen in Nahrungsnetzen übernehmen. Solche Arten mit einem negativen Einfluss werden häufig als invasiv bezeichnet.
Folgen für Natur und Mensch
Ihre Einschleppung kann sehr weitreichende Folgen haben. Die Pazifische Auster zum Beispiel, die in den 1960er Jahren in der Nordsee ausgesetzt wurde, bildet ausufernde Muschelbänke im Wattenmeer und verändert damit die Strömungsdynamiken, die Sedimentation und das Erscheinungsbild dieses Ökosystems. Auf der Auster können sich weitere invasive Arten ansiedeln, wie die asiatische Braunalge Sargassum muticum, die sich ohne die Auster nicht im schlickigen Substrat des Wattenmeers halten kann.
Andere invasive Arten schädigen die Industrie, Agrar- und Forstwirtschaft oder beeinträchtigen die menschliche Gesundheit. So setzt die europäische Zebramuschel in den Großen Seen der USA und Kanada Wasserrohre zu, wodurch zusätzliche Reinigungskosten von über 500 Millionen US-Dollar jährlich entstehen. In Florida bedrohen eingeschleppte Pythons die Artenvielfalt der berühmten Everglade-Sümpfe.
Umgekehrt breitet sich die nordamerikanische Ambrosia derzeit in Europa aus. Sie kann heftige allergische Reaktionen bei Menschen auslösen. In den europäischen Flüssen kämpfen derzeit die heimischen Flusskrebse ums Überleben- gegen einen eingeschleppten Konkurrenten aus Nordamerika.
Nicht nur negativ
Die Europäische Union gibt jährlich schätzungsweise zwölf Milliarden Euro zur Regulation der fremden Arten aus. So müssen vermehrt Pestizide in Agrar- und Forstwirtschaft eingesetzt werden, Schiffe und Rohre müssen häufiger gereinigt, Dämme ausgebessert und Kanäle frei gehalten werden. Die Schätzungen der Schäden in den USA sind sogar um den Faktor zehn höher.
Die Einführung neuer Arten kann aber auch positive Effekte haben. Viele Arten aus der Agrar- oder Forstwirtschaft wie die Kartoffel oder Douglasie sind Neobiota, die aber mittlerweile wichtige Kulturpflanzen sind. Das Damwild oder der Waschbär sind beliebte Jagdobjekte geworden, aber auch ökonomisch wenig bedeutsame Arten wie der grasgrüne Halsbandsittich bereichern die einheimische Tier- und Pflanzenwelt, zumindest aus menschlicher Perspektive.
Was bedeutet dies für die Artenvielfalt?
In vielen Studien wurde darauf hingewiesen, dass die Biodiversität, also die Zahl der natürlich vorkommenden Arten, weltweit und regional sinkt. Die Einführung neuer Arten könnte diesen Trend stoppen oder zumindest abschwächen, was tatsächlich regional auch zutreffen kann. Doch global betrachtet führt dies zu einem Artenrückgang, da einheimische Arten verdrängt werden. Hinzu kommt, dass die Artengemeinschaften weltweit durch den Austausch an Arten immer ähnlicher werden und somit die Vielfalt der Gemeinschaften zurückgeht.
So konnten wir in einer aktuellen Studie über Schnecken zeigen, dass aufgrund des Artenaustauschs die Artengemeinschaften innerhalb der temperierten beziehungsweise tropischen Klimazone kaum noch regionale Unterschiede aufweisen. Es kommt zu einer globalen Homogenisierung der Artengemeinschaften.
Der „Global Biodiversity Outlook“, ein regelmäßig erscheinender Bericht von 196 Ländern zur Lage der globalen Biodiversität, hat daher die Einführung fremder Arten als eine der größten Gefahren für die Biodiversität eingestuft.
Hanno Seebens, Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F)/ Forschung Frankfurt)
Stand: 12.05.2017