Doch welche Methode ist für welches Fundmaterial und welche Fragestellung geeignet? In Frankfurt lernen das die circa 50 angehenden Archäologen, die das Nebenfach Archäometrie studieren, bei Sabine Klein und den naturwissenschaftlichen Kollegen. Das Studienangebot ist breit angelegt, um einen möglichst großen Überblick zu verschaffen.
„Wer schon früh weiß, dass er einmal Archäologie studieren will, hat Chemie und andere Naturwissenschaften oft weit hinter sich gelassen“, sagt Sabine Klein. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Disziplinen sei nicht immer leicht, ja, oft eine Gratwanderung: „Geisteswissenschaftler haben eine ganz andere Sprache und Denkweise als Naturwissenschaftler.“ Aber das sei gerade das Reizvolle an dem interdisziplinären Fach Archäometrie, womit die Studierenden auch noch wichtige „soft skills“ für ihre spätere Berufstätigkeit erwerben.
Vielseitigkeit ist Trumpf
Um die Archäologen auf ihre spätere Arbeit vorzubereiten, lernen sie die unterschiedlichen Methoden kennen mit deren Möglichkeiten, aber auch Kosten und Problematiken. Am Ende sollen sie in der Lage sein, ein Projekt mit all seinen Erfordernissen zu planen. „Was gerade angesagt ist, ist nicht immer adäquat“, so Klein. So sind hochsensitive Analysen, für die das Objekt der Untersuchung chemisch aufgelöst oder mit einem Laser verdampft werden muss, sehr teuer.
Im Frankfurter Geowissenschaftlichen Institut steht eine Vielzahl von Geräten zur Verfügung: darunter für die Archäometrie zwei Massenspektrometer, ein Laser, eine Elektronenstrahlmikrosonde, ein Röntgenfluoreszenzgerät und Polarisationsmikroskope. Hier können Objekte auf ihre Gefüge-Eigenschaften, ihre chemische Zusammensetzung und Isotope bestimmter Elemente untersucht werden. Die C14-Methode selbst wird hier nicht betrieben: „Darauf haben sich
andere Universitäten und Institute spezialisiert“, sagt Klein.
Vorsondierung mit Fernerkundung und GPS
Aber schon vor Beginn einer Grabung ist moderne Technik im Einsatz: Fernerkundung und GPS sind elementare Hilfsmittel, um ein Gelände zu vermessen. Drohnen über Fundstellen liefern dreidimensionale Modelle der Gegebenheiten vor Ort. Durch magnetische Prospektion kann sich der Archäologe ein erstes Bild davon machen, wo er welche Befunde erwarten kann: Feine Sensoren messen den Magnetismus des Bodens, und weil das menschliche Eingreifen den natürlichen Magnetismus durcheinanderbringt, ergibt sich ein aufschlussreiches Bild der Kulturlandschaft.
Ein Hektar pro Tag ist für solche Geräte kein Problem – frühere Generationen hatten keine Möglichkeiten, eine solch große Fläche zu erfassen. Heute weiß man frühzeitig, was man erwarten kann. „So weiß man zum Beispiel, wenn ein Gehöft von einem Graben umgeben war und kann weitere Hypothesen aufstellen: Warum? Wofür wurde der Graben gebraucht?“, erklärt der Archäologe Peter Breunig. Allerdings funktioniert diese Methode nur dann, wenn der Untergrund geologisch nicht allzu aktiv ist.
Geophysik hilft bei der Grabungsplanung
„Heute würde man keine Grabung anfangen wie noch in den siebziger Jahren“, sagt Jan-Waalke Meyer, Professor für Vorderasiatische Archäologie in Frankfurt. Durch die modernen Methoden der Geophysik erfahren die Archäologen mehr über das Gelände als früher bei monatelangen Grabungen. „Früher haben wir stets an der höchsten Stelle des Geländes zu graben begonnen“, erzählt Meyer, der über viele Jahre die Siedlung Tell Chuera in Syrien erforscht hat.
Ein spezifisches Problem dort ist, dass die verbauten Lehmziegel längst verwittert sind, doch auch hier hilft die Geomagnetik weiter, die nicht sichtbare Strukturen sichtbar machen kann. „Kaputt macht man als Archäologe immer etwas. Aber so kann man relativ große Flächen überschauen und viel gezielter vorgehen“, erklärt Meyer.
Glück ist trotzdem noch dabei
Auch die Messung des elektrischen Widerstands im Boden mithilfe von Sonden kann wichtige Erkenntnisse liefern oder der Einsatz von Wärmebildkameras, und auch die Röntgenfluoreszmessung von Bodenproben, die in regelmäßigen Abständen entnommen werden, gibt Aufschluss über zu erwartende Funde. Ein Problem sei allerdings, dass der Archäologie als „Geisteswissenschaft“ an der Universität weniger Räumlichkeiten zustehen, als sie für ihre Gerätschaften und Sammlungen eigentlich bräuchte, meint Breunig.
Afrika-Archäologe Breunig kennt keine Berührungsängste mit der modernen Technik: Für ihn ist sie integraler Bestandteil moderner Archäologie, die Geräte gehören unbedingt dazu. Seinen spektakulärsten Fund hat Breunig allerdings weitgehend ohne naturwissenschaftliche Methoden gemacht: Das „älteste Boot Afrikas“, ein 8.000 Jahre alter Einbaum, den er 1998 zum Vorschein brachte, war ein Zufallsfund.
Anke Sauter / Forschung Frankfurt
Stand: 08.05.2015