Umwelt

Gezeiten-Kraftwerk „La Rance“

Fluch oder Segen!?

Gezeitenkraftwerke sind der Klassiker bei der kommerziellen Nutzung der Meeresenergie. Als Musterbeispiel dient auch heute noch das ehemalige Pionier-Projekt, das vor ungefähr 40 Jahren an der wilden Nordwestküste Frankreichs entstand. Nach einer sechs Jahre währenden Bauphase ging das Kraftwerk 1967 an der Mündung des Flusses Rance in der Nähe des malerischen Küstenortes St. Malo in der Bretagne ans Netz. Die Anlage besitzt 24 Turbinen, die zusammen eine Leistung von 240 MW erzeugen und dabei jährlich insgesamt um die 500 GWh Energie ins lokale Stromsystem einspeisen.

Die Funktionsweise von La Rance erinnert sehr stark an die konventionelle Wasserkraftnutzung an einem Staudamm. Ein 750 Meter langer Damm dort die Bucht mit der Flussmündung vom offenen Meer ab. Dadurch ist ein Bassin mit einer Staufläche von 22 Quadratkilometern Größe entstanden. Infolge des Tidenhubs, der an hier an der bretonischen Küste im Mittel um die zehn Meter beträgt, fliessen jeweils mehr als 100 Millionen Kubikmeter Wasser in das Reservoir ein und aus. Bei Flut wird das dann Wasser gestaut und bei Niedrigwasser wieder abgelassen. Praktischerweise kann die Wasserspiegeldifferenz sowohl beim Einströmen wie beim Ausströmen genutzt werden, um die gewaltigen Turbinen anzutreiben und elektrische Energie zu erzeugen.

Die Betreiber haben sich darüberhinaus noch einen Trick einfallen lassen um die Stromproduktion weiter zu steigern. Über die Rohrturbinen, die alternativ auch als Pumpen verwendbar sind, transportieren sie regelmäßig zusätzliches Meerwasser ins Bassin. Dadurch wird der Wasserspiegel künstlich um bis zu zwei Meter angehoben. In Spitzenzeiten des Bedarfs kann dann nicht nur mehr, sondern auch kontinuierlicher Energie erzeugt werden.

Wenn die 24 Turbinen wirklich auf Hochtouren laufen speisen sie immerhin soviel Strom ins Netz, wie ein kleines Kernkraftwerk. Leider ist das nur relativ selten der Fall. Durch den beständigen Wechsel von Ebbe und Flut ist die Anlage nur etwas mehr als 2.000 Stunden pro Jahr im Einsatz. Um die Verbraucher optimal mit Strom bedienen zu können, müssen andere Kraftwerke die Energiebereitstellung ergänzen.

Und noch ein anderes Problem macht den Betreibern des Kraftwerkes zu schaffen – die Anlage ist extrem korrosionsanfällig. Umweltschützer beklagen zudem seit langer Zeit, dass in der mehr als 30-jährigen Laufzeit von „La Rance“ das Ökosystem des Flusses fast vollständig zerstört wurde. Sowohl für die Meeres- wie für die Flussbewohner stellt der Damm eine fast unüberwindliche Hürde dar.

Ähnliche Anlagen wie in La Rance gibt es heute in der Nähe von Murmansk an der Barentssee mit dem Kraftwerk Kislaya Guba, an einem Nebenarm der Bay of Fundy an der Ostküste Kanadas, und in der ostchinesischen Provinz Zhejing.

In England planen Wissenschaftler zurzeit ein Gezeitenkraftwerk mit einer Leistung von angeblich 7.000 MW. Etwa fünf Prozent der britischen Stromversorgung könnten so in Zukunft mithilfe dieser erneuerbaren Energie gedeckt werden. Noch aber gibt es Probleme hinsichtlich einer möglichen Versandung der Anlage. Auch potentielle meeresbiologische Auswirkungen durch den Bau des Gezeitenkraftwerkes müssen erst noch erforscht werden.

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Stand: 14.05.2001

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Meeresenergie
Strom für das 3. Jahrtausend?

Aufbruch in eine neue Dimension?
Das Energiepotential der Ozeane

Ebbe und Flut als Mittel zur Stromproduktion
Mehr als nur der Wechsel von Hoch- und Niedrigwasser...

Gezeiten-Kraftwerk "La Rance"
Fluch oder Segen!?

Energie aus Meereswellen
Science oder Fiction?

Die Kraft der Wellen anzapfen
TAPCHAN und Wellen- Energiekonverter

Hoffnungsträger LIMPET
Meereskraftumwandler an Land

Strom aus Meereswärme
Die Ozeane als Sonnenkollektoren

Eldorado für Erneuerbare Energien?
OTEC-Projekte vor Hawaii

Geräuschlos und sauber
Die Nutzung der Meeresströmungen

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