Es ist aber nicht in jedem Fall gleichgültig, ob Schädlinge oder Ozon für Stress sorgen. Denn es gibt auch spezifische Abwehrmechanismen. So fanden Forscher aus Florida heraus, dass Baumwollpflanzen nur nach Raupenbefall so genannte Sesquiterpene abgeben. Auslöser für diese Reaktion ist eine Substanz aus dem Speichel der gefräßigen Larven. Rein mechanische Verletzungen lösten diese Reaktionen nicht aus. Viele Abwehrsubstanzen haben antibiotische Wirkung. Sie werden speziell nach einer Infektion mit Bakterien oder Pilzen gebildet.
Eine besonders raffinierte Abwehrstrategie gegen Blattläuse haben Kiefern entwickelt. „Sie bilden einen Stoff, der als Juvenilhormon wirkt, das heißt, er verhindert, dass die Larven der Blattläuse erwachsen und geschlechtsreif werden“, erläutert Jürgen Wildt. Er konnte so einen Kampf zwischen Nadelbaum und Schadinsekten in einer Pflanzenkammer aus nächster Nähe verfolgen: „Die Kiefer war massiv mit Blattläusen befallen. Doch sie bildete große Mengen des Hormons und hat den Kampf schließlich gewonnen. Am Ende lagen Massen von Blattlauslarven am Boden.“
Doch so eine eindeutige Funktion ist längst nicht für jede der vielen Substanzen bekannt, die gestresste Pflanzen verströmen. Dass sie „einfach so“, ohne jeden Nutzen für die Pflanze entstehen, halten Jürgen Wildt und Ingar Janzik für höchst unwahrscheinlich. „Dafür investiert die Pflanze zu viel“, meinen beide.
Und so bleiben sie den Geheimnissen des Grünzeugs auf der Spur, indem sie einerseits die Nachrichten im Inneren der Pflanzen abfangen und andererseits die Signale abhören, die Gräser und Bäume, Sträucher und Kräuter mit ihrer Umgebung austauschen.
Stand: 04.11.2002