Für den Autismus zumindest scheint klar, dass er eine genetische Komponente besitzt: Wenn ein Zwilling die Diagnose Autismus erhält, liegt die Wahrscheinlichkeit bei stattlichen 90 Prozent, dass sein eineiiger Mitzwilling ebenfalls autistisch ist. Wenn Eltern bereits ein autistisches Kind haben, steigt das Risiko beim Nächstgeborenen von 1:500 auf 1:20. Die Geschwister eines autistischen Kindes sind zudem mit größerer Häufigkeit auch autistisch oder zeigen Entwicklungsstörungen mit ähnlicher genetischer Basis wie das Tourette-Syndrom oder Dyslexie – Probleme beim Lesen und im Sprachverständnis.
Entdeckung auf Chromosom 15
Aber wie sieht das mit den Savants aus? Auch dabei scheinen die Gene eine Hand im Spiel zu haben. In einer Studie an 94 Familien mit gehäuftem Auftreten von Autismus identifizierte Erika Nurmi vom Center for Human Genetics Research in Nashville 21 Familien, die sie als „Savants-positv“ einstufte. Eine genetische Analyse enthüllte, dass bei diesen Familien eine bestimmte Kombination von Genvarianten auf dem Chromosom 15 sehr viel häufiger auftrat als bei Familien mit Autismus aber ohne Inselbegabungen.
Kombination von Genen und Umwelt
„Wenn ein oder mehrere Gene in der 15q11-q13-Region gestört sind, trägt dies zur Prädisposition für einen speziellen kognitiven Stil oder ein Muster von intellektuellen Einschränkungen und Stärken bei“, so die Schlussfolgerung der Forscherin. „Wie sich diese Fähigkeiten aber im jeweiligen Individuum manifestieren, könnte von einer Reihe von Umwelt- und möglicherweise auch weiteren genetischen Faktoren abhängen.“
Konkret bedeutet das: Daniel Tammet und Matt Savage, aber auch die zwölf Demenzpatienten könnten Genveränderungen auf ihrem 15. Chromosom aufweisen, die für sich genommen vielleicht ohne Folgen wären, die aber in Kombination mit den Schädigungen der linken Gehirnhälfte besondere Fähigkeiten zutage treten ließen.
Nadja Podbregar
Stand: 12.12.2008