Das Untersuchen biologischer Systeme – von scheinbar einfachen Bakterien bis hin zum komplexen menschlichen Gehirn – ähnelt dem Studium von Texten, die in einer unbekannten Sprache verfasst sind. Mit der Entdeckung des genetischen Codes gelang es, das Alphabet dieser Sprache zu entziffern, und man fand heraus, wie die in der Erbsubstanz DNS festgeschriebene genetische Information in die Proteine, die Funktionsträger in den Zellen, übersetzt wird.
Lexikon vorhanden
Die moderne molekulare Zellbiologie baut auf diesen Erkenntnissen auf und arbeitet an einer Art Lexikon, das einzelne Moleküle – vor allem Proteine – und ihre Eigenschaften katalogisiert. Dank verbesserter molekular- und zellbiologischer Methoden hat der Umfang dieses molekularbiologischen Lexikons in den letzten Jahren enorm zugenommen und schließt mittlerweile auch viele Verbindungen einzelner Moleküle ein. Das Ganze ähnelt inzwischen einem Internetlexikon, in dem man nahezu endlos von einem Eintrag zum nächsten springen kann.
Ein Dolmetscher, der eine Fremdsprache übersetzt, braucht ein umfassendes Lexikon – das ist auch in der Biologie so. Mit dem Lexikon allein kann der Übersetzer die Sprache jedoch nicht verstehen – er muss auch die Grammatik kennen. Kann man auch hier Parallelen zur Biologie ziehen? Gibt es „Grammatik-Regeln“ in der biologischen Sprache? Anders gesagt: Gibt es generelle Regeln, nach welchen einzelne molekulare Komponenten zu einer Zelle und dann zu einem multizellulären Organismus zusammengefügt sind?
Gesetze nein – Regeln ja
Physiker, die in den Anfängen der Molekularbiologie entscheidend mitgewirkt haben, haben gehofft, in der Biologie tatsächlich neue, universelle Naturgesetze zu entdecken. Ein Programm der US-Agentur DARPA (Defence Advanced Research Projects Agency) finanziert immer noch ein Projekt mit diesem Ziel.
Der derzeitige Konsens unter Wissenschaftlern ist jedoch, dass es neben den schon bekannten physikalischen Gesetzen, etwa dem Energiekonservierungsgesetz, wahrscheinlich keine neuen „biologischen“ Gesetze geben wird. Das schließt allerdings nicht aus, dass es wie in einer Sprache Regeln gibt, die zumeist eingehalten werden – aber auch Ausnahmen erlauben.
Stand: 15.02.2008