Am Meeresgrund geht es zu wie in einer Hexenküche. In der nachtschwarzen Tiefe zischt und blubbert es. Giftige Gase und stinkender Schwefelwasserstoff schießen aus Spalten im Boden hervor. Glühend heißes Magma quillt aus dem Bauch der Erde. Krachend und knackend erstarrt die zähe Flüssigkeit im kalten Wasser zu vulkanischem Gestein. Pausenlos rumort und rumpelt es in der Finsternis unter dem Meer – dort, wo die Erdoberfläche reißt.
Mittelozeanische Rücken heißen die brodelnden Bruchstellen, die sich wie gigantische Narben Tausende Kilometer weit über den Globus erstrecken. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 18 Zentimeter pro Jahr driften hier Erdkrustenplatten auseinander. Wo sich neue Risse auftun, fließt Magma aus dem Erdinneren nach.
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Jedes Jahr ergießen sich aus den glühenden Spalten rund um die Erde etwa drei Kubikkilometer frische Magmamasse. Die lässt die Rücken weiter in die Höhe wachsen, mitunter gar bis zur Wasseroberfläche. So ist auch Island der sichtbare Teil eines unterseeischen Gebirgszugs – des Mittelatlantischen Rückens.
Kriechende Platten, wachsende Gebirge, verschwindende Meere
Die Wanderung der riesigen Platten ist eine mächtige Bewegung. Zugleich aber verläuft sie ausgesprochen langsam. An manchen Nahtstellen kriechen die Platten jährlich mit weniger als einem Zentimeter voran. Der Erdkruste – Lithosphäre – beim Gleiten zuzuschauen ist in etwa so spannend, wie Grashalmen beim Wachsen zuzusehen.
Erst nach Millionen von Jahren werden die Zeichen der Plattentektonik sichtbar. Gebirge wachsen empor. Meere verschwinden. Geophysiker, die die Dynamik des Globus erforschen, müssen folglich in großen Zeiträumen denken. Um die Kontinentaldrift sichtbar zu machen, braucht es aufwändige Computermodelle – und eine gehörige Portion Abstraktionsvermögen. Doch manchmal geht es auch einfacher…
Stand: 28.04.2006