Sie gehören zu den längsten Höhlensystemen der Erde: die Wind Cave und die Jewel Cave in South Dakota. Das bisher kartografierte Netz aus Gängen und Gewölben erstreckt sich bei diesen Höhenriesen über mehr als 200 Kilometer.
Erkundet wurde die Jewel Cave in den 1960er-Jahren von Herb und Jan Conn, sie erforschten nicht nur den Verlauf der Gänge, sondern führten auch erste höhlenklimatologische Untersuchungen durch: Mit einfachen Messanlagen aus Holz erfassten sie bereits Luftströmungen im Untergrund und errechneten aus diesen Daten, dass sich diese Höhle über viele hundert Kilometer erstrecken muss. Zu ihrer Zeit waren jedoch erst die ersten 100 Kilometer der Höhle bekannt.
Seit der Zeit der Conns jedoch ruhte die höhlenklimatologische Erkundung dieser Höhlen wieder. Um die Lücken zu schließen, starteten die RUB-Forscher im Jahr 2001 ein Messprogramm in der Wind Cave, 2002 in der Jewel Cave. Sie installierten dafür an verschiedenen Punkten der Höhlen Ultraschallanemometer und Sensoren, die Lufttemperatur und -feuchtigkeit aufzeichnen. Diese Untersuchungen dauern bis heute an. Doch schon ihre ersten Ultraschallmessungen bestätigten, dass Wind Cave und Jewel Cave sogenannte barometrische Höhlen sind.
Luftdruck sorgt für Höhlenwind
Das Besondere an barometrischen Höhlen ist, dass nahezu ihr gesamtes Strömungsgeschehen durch Luftdruckschwankungen der Außenatmosphäre und Ausgleichsströmungen zwischen dieser und der Höhlenluft bestimmt wird. Bei konvektiven Höhlen geschieht dies dagegen durch Unterschiede der Lufttemperatur zwischen der Höhlenluft und der Außenatmosphäre beziehungsweise innerhalb der Höhle.
Die Voraussetzung für ein barometrisches Strömungsregime ist ein großes Höhlensystem mit einer oder mehreren kleinen Tagöffnungen, durch die der Druck- und Luftaustausch nur verzögert geschieht. Bei einem Überdruck in der Höhle strömt Luft durch alle Öffnungen nach außen, bei Unterdruck in der Höhle strömt Luft nach innen. Jede Höhle hat dabei ihr spezifisches Strömungsmuster: Kleine Höhlen reagieren relativ rasch mit kurzen Richtungswechseln auf äußere Luftdruckschwankungen, während Strömungen in großen Höhlensystemen vergleichsweise stabil sind und langsam reagieren.
Größer als gedacht
Das grundlegende Prinzip des Druckausgleichs hatten die Conns bereits beschrieben. Mit ihren Ultraschallmessungen konnten Pflitsch und seine Kollegen jedoch zeigen, dass alle Tagöffnungen und Blaslöcher eines barometrischen Systems identische Strömungsmuster aufweisen und sich hierdurch jedes Höhlensystem charakterisieren und gegen andere abgrenzen lässt.
Die Messungen können auch Unerwartetes zutage fördern: So ergab die Strömungsanalyse in der Jewel Cave, dass viele zuvor als unabhängig geltende Höhlen mit diesem großen Komplex verbunden sind. Als Folge muss das bisher durch direkte Vermessungen bekannte System um das Zehnfache größer sein. Bisher ging man davon aus, dass hinter dem etwa zwei Meter großen Eingang der Jewel Cave ein Tunnelsystem von „nur“ rund 250 Kilometern Länge liegt.
RUBIN / Andreas Pflitsch, Christiane Meyer, David Holmgren, AG Höhlen- und U-Bahn-Klimatologie, Geographisches Institut der Ruhr-Universität Bochum (RUB)
Stand: 28.03.2014