Die Quecksilber-Plomben kamen aufgrund ihrer plastischen Eigenschaften zu ihrem Namen: Amalgam – was aus dem griechischen stammt und soviel bedeutet wie weich „amalos“ und Vereinigung „gamos“. Als Werkstoff besitzt Amalgam phantastische Eigenschaften: Er wird weich aufgetragen, füllt den kariösen Zahn optimal aus, erhärtet und bekommt durch Politur schließlich seinen letzten Schliff.
Mischung verschiedenster Schwermetalle
Soweit zu den guten Eigenschaften. Nun zu den Schlechten: Amalgam besteht aus einer Mischung verschiedenster Schwermetalle und zwar zu etwa 50 Prozent aus Quecksilber, aus einem hohen Prozentsatz Silber sowie Beimengungen von Zinn, Kupfer und Zink. Und eben diese Zusammensetzung macht ihn so umstritten. Amalgam wird für eine Reihe von gesundheitlichen Beschwerden verantwortlich gemacht, denn – so die Position der Amalgam-Gegner – aus den Plomben lösen sich die Schwermetalle, reichern sich im Organismus an und wirken gesundheitsschädlich.
So ist um den Zahnfüllstoff mittlerweile ein unerbitterlicher Streit entbrannt. Während für Amalgam-Verfechter der Füllstoff gesundheitlich völlig unbedenklich ist, vergleichen Gegner wie der Toxikologe Prof. Max Daunderer das Leiden durch Amalgam gar mit der mittelalterlichen Pest. Gutachten und Gegengutachten wechseln sich ab. Amalgam-Befürworter sprechen von Panikmache, bleiben den Gegenbeweis der Unbedenklichkeit jedoch schuldig.
Umstrittenes Amalgam
Der Blick in seine Geschichte zeigt, Amalgam war seit jeher umstritten. Seine Verwendung als Zahnfüllstoff hat eine lange Tradition – so wie der Verdacht seiner krankmachenden Wirkung. Vor 170 Jahren hat die Quecksilberlegierung in den USA als Zahnfüllstoff erstmalig Verwendung gefunden. Nachdem sich in der Folge unerklärbare, diffuse körperliche Beschwerden häuften, wurde der Füllstoff 1840 von der amerikanischen Regierung wieder verboten.
Schon damals wurden die neu auftretenden Erkrankungen mit dem Zahnfüllstoff in Verbindung gebracht. Wissenschaftler berichteten über Nervenkrankheiten, die seit der Verwendung des Amalgams auftraten. Zahnärzte – wegen der Verwendung des krankmachenden Quecksilber häufig auch als „Quacksalber“ tituliert – wurden bei Zuwiderhandlung nicht nur aus dem amerikanischen Ärzteverband ausgeschlossen, zeitweilig stand auf die Verwendung von Amalgam sogar Gefängnisstrafe.
Da Amalgam schon damals in seiner Eigenschaft als günstiger und gut zu verarbeitender Füllstoff überzeugte, wurde die Legierung trotz gesundheitlicher Bedenken um 1855 wieder zugelassen. Einige Jahrzehnte später wurde Amalgam daher auch in Europa eingeführt – und mit ihm breitete sich das als „amerikanische Krankheit“ bezeichnete Nervenleiden aus.
Gefahr durch Quecksilberplomben
In den 20er Jahren warnten Toxikologen und Chemiker daher eindringlich vor der Gefahr der Quecksilberplomben. In der Medizin war die krankmachende Wirkung von Quecksilber schon lange bekannt. Bei Grubenarbeitern, die das Schwermetall abbauten oder im handwerklichen Bereich, wo es beispielsweise zur Glas- und Spiegelherstellung, zur Behandlung von Leder, in der Töpferei oder zur Tintenherstellung eingesetzt wurde, standen schwere Quecksilbervergiftungen bis hin zu Todesfällen immer wieder auf der Tagesordnung.
Der Deutsche Chemiker Prof. Alfred Stock hatte in den 20er und 30er Jahren in zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten die Auswirkungen von Quecksilber auf den menschlichen Körper untersucht und es als schweres Nerven- und Immungift eingestuft. Er kam zu dem Schluß, dass die Zahnmedizin die Verwendung von Amalgam völlig vermeiden sollte. Es herrsche kein Zweifel darüber, so der Wissenschaftler, dass viele Symptome – darunter Müdigkeit, Depression, Reizbarkeit, Schwindelgefühl und Gedächtnisschwäche – oft durch Quecksilber hervorgerufen würden, das in kleinen aber kontinuierlichen Mengen aus den Plomben freigesetzt würde.
Seinen Ausführungen fügte er die eindringliche Warnung hinzu: „Es wird dann wahrscheinlich festgestellt werden, dass das gedankenlose Einführen von Amalgam als Füllstoff für die Zähne ein schweres Verbrechen an der Menschheit ist.“ Schon damals entbrannte in Wissenschaft und Öffentlichkeit eine scharfe Debatte, die der zweite Weltkrieg jedoch jäh unterbrach.
Stand: 21.05.2002