Eine neue Technik erlaubt es seit 2006, viele der bisherigen Einschränkungen in der Computertomografie zu überwinden – sie hilft daher auch den Mumienforschern weiter. Sie nennt sich „Dual-Energy“-CT. Was aber bedeutet dies und weshalb verspricht die neue Methode die Erforschung von Mumien und die anthropologische Forschung generell voranzubringen?
Röntgenröhre beschießt Mumie
Üblicherweise erfolgt eine „Single- Energy“-CT, das heißt, ein zu untersuchendes Objekt – in der Medizin ist es ein Patient, in der Mumienforschung eine Mumie – wird von einer einzigen Röntgenröhre (mit einer bestimmten Röhrenspannung und einem bestimmten Energiespektrum) umkreist. Der Röntgenröhre gegenüber befinden sich Detektoren, die gleichsam mitsamt der Röhre das Objekt umkreisen.
Die Röntgenstrahlen, die in vielen Projektionen durch das zu untersuchende Objekt geschickt werden, schwächen sich auf ihrem Weg durch das Objekt ab (Absorption). Aus der Information der Abschwächung können leistungsstarke Computer Schnittbilder erstellen, die verschiedene Strukturen in verschiedenen Grauwerten zeigen. Der Grauwert eines einzelnen Bildpunktes hängt davonab, wie die Röntgenstrahlen auf ihrem Weg durch das Objekt und die darin befindlichen Gewebe und Strukturen abgeschwächt worden sind: Die harten Knochen schwächen Röntgenstrahlen viel stärker ab als weiches Gewebe.
Grau in Grau
Die unterschiedlichen Grauwerte, die dabei entstehen, lassen sich in einer Skala, der sogenannten Hounsfield-Skala, erfassen: Luft etwa hat einen Absorptionswert von minus 1.000, Wasser hat einen Wert von null, Knochen haben auf der Hounsfield- Skala einen Absorptionswert von über 1.000. Auf diese Weise können über die Grauwerte im Bild verschiedene Gewebe und Strukturen charakterisiert werden. Die neuesten Geräte erlauben es, solche Schwächungswerte gleichzeitig mit mehreren Detektoren aufzunehmen; sie sind dafür mit bis zu 320 Detektorzeilen ausgestattet.
Auf diese Weise lassen sich die räumliche Auflösung erhöhen und die Aufnahmezeit reduzieren. In welchem Ausmaß, verdeutlicht folgender Vergleich: Die ersten CT-Aufnahmen des menschlichen Körpers hatten Bildelemente mit einer Auflösung von mehreren Millimetern und dauerten Minuten; heute kann der gesamte Körper mit einer Auflösungvon unter einem Millimeter in wenigen Sekunden erfasst werden. Allerdings kann die Anzahl der Detektorzeilen nicht beliebig erhöht werden, und es ergeben sich Nachteile bei größeren Detektorbreiten, beispielsweise eine höhere Strahlendosis.
Zwei Röntgenkanonen statt einer
Um die Aufnahmezeit dennoch zu verringern, entwickelten Techniker ein alternatives Konzept – die sogenannte „Dual-Source“-CT. Diese Geräte sind mit einer zusätzlichen, zweiten Röntgenröhre mitsamt dem zugehörigen Detektorsystem ausgestattet. Während herkömmliche CT-Geräte um mindestens 180 Grad um ein Objekt rotieren müssen, um ein komplettes Schnittbild zu erzeugen, ist bei der Dual-Source-Computertomografie lediglich eine Rotation von 90 Grad notwendig. Dadurch halbiert sich die Aufnahmezeit. Von Vorteil ist zudem, dass die beiden Röntgenröhren mit unterschiedlichen Röhrenspannungen und damit unterschiedlichen Energiespektren betrieben werden können.
In der Medizin wird die Dual-Source-Computertomografie bereits routinemäßig verwendet, um beispielsweise Jod in Kontrastmittelverstärkten Untersuchungen zu identifizieren. Das erlaubt es, indirekt darauf zu schließen, wie Organe, etwa die Lunge oder das Herz, durchblutet sind, oder es lassen sich aufgrund der höheren Bildkontraste krankhafte Veränderungen besser erkennen.
aus Ruperto Carola, dem Forschungsmagazin der Universität Heidelberg von Thomas Henzler, Heather Gill-Frerking, Wilfried Rosendahl und Christian Fink
Stand: 16.12.2011