13. Juni 2011. Vier schattenhafte Gestalten schwimmen durch das leuchtend blaue Wasser vor der Küste. Kaum abgetaucht, verschwinden sie in einem dunklen, unter Wasser liegenden Loch: dem Eingang zur Green Bay Cave. Mit zwei Kilometern erkundeten Gängen ist sie die längste Unterwasserhöhle der Bermudas. Zwischen ihren beiden Eingängen erstreckt sich ein komplexes Netzwerk aus kleineren Tunneln und größeren Passagen durch den Untergrund der Insel. Einige der Tunnel zeigen noch Spuren eines unterirdischen Flusses, über den einst Süßwasser aus dem Inselinneren ins Meer strömte. Nahezu überall säumen Stalagtiten und Stalagmiten die Höhlenwände. Sie zeugen davon, dass die Green Bay Cave lange Zeit über dem Meeresspiegel lag, denn nur dann entstehen diese Kalksteinformationen.
So faszinierend diese Höhle auch ist, für die vier Taucher des „Bermuda Deep Water Caves“ ist sie wenig mehr als eine Aufwärmübung. Denn für sie geht es heute vor allem darum, ihre Ausrüstung auszutesten und die Zusammenarbeit von Forschern, Sicherungstauchern und der Unterwasserfotografin Jill Heinerth einzuspielen. „Es braucht eine unglaubliche Taucherfahrung, um diese Art des Tauchens durchzuführen“, erklärt Jill Heinerth. „Aber man benötigt auch ein hohes Niveau von Aufmerksamkeit und Kreativität.“
Mit Sidemounts und Rebreathern
Um auch enge Höhlengänge passieren zu können, nutzen die Taucher sogenannte „Sidemounts“: Statt ihre Gasflaschen auf dem Rücken zu tragen, transportieren sie sie seitlich am Körper. Das gibt ihnen mehr Bewegungsfreiheit. Während die Taucher durch das Wasser gleiten, geleitet von starken Scheinwerfern an ihren Helmen, hinterlassen sie nur wenige Luftblasen. Denn sie benutzen ein spezielles, an große Tauchtiefen angepasstes Beatmungssystem. Diese sogenannten Rebreather oder Kreislauftauchgeräte geben die Ausatemluft nicht einfach ans Wasser ab, sondern recyceln sie.
„Da der Mensch nur einen kleinen Anteil des Sauerstoffs der Luft nutzt, enthält die Ausatemluft noch wertvolle Sauerstoffreserven“, erklärt Heinerth. Der Rebreather fängt daher die ausgeatmete Luft wieder ein, reinigt sie durch einen Filter vom Kohlendioxid und setzt zusätzlich wieder Sauerstoff hinzu. Dadurch wird Gas gespart und die Taucher kommen länger mit ihren Gasvorräten aus.
Die Zusammensetzung des Atemgases wird von den Tauchgeräten automatisch an die Tauchtiefe angepasst: Je tiefer die Taucher kommen, desto höher muss der Sauerstoffanteil sein, damit sich nicht zu viel Stickstoff in den Geweben anreichert. Zusätzlich ist dem Atemgas der Höhlentaucher ein Teil Helium zugesetzt, auch dies soll die Gefahr der Taucherkrankheit reduzieren und die Dekompressionszeiten verkürzen.
Aber auch mit dieser Ausrüstung müssen die Höhlentaucher, die bis in Tiefen von mehr als 60 Meter hinabsteigen, Zwischenstopps auf dem Weg zur Oberfläche einlegen. Diese Dekompressionszeiten erlauben es dem im Gewebe angereicherten Stickstoff, ganz allmählich wieder frei zu werden und vermeiden die tödliche Bläschenbildung. „Der letzte der erforderlichen Dekompressionsstopps dauert dabei über eine Stunde“, erklärt Brett Gonzalez, einer der Höhlentaucher der Bermuda-Expedition. Für diesen Zweck bringen Techniker an jeder Tauchstelle ein langes Stahlrohr mit Befestigungsschlaufen am Ende aus, an dem sich die Taucher während ihrer Zwangspause im Wasser festhalten können.
Der erste Testdurchlauf verläuft ohne Probleme. Jetzt kann es ernst werden…
Nadja Podbregar
Stand: 18.11.2011