Eigentlich klingt es ziemlich konträr: Gerade dann, wenn wir am meisten loslassen, uns quasi frei von allen Problemen fühlen, arbeitet unser Gehirn auf Hochtouren. Denn alle körperlichen und psychischen Veränderungen während des Orgasmus werden letztlich vom Gehirn ausgelöst. Während sich der Orgasmus äußerlich bei Frauen und Männern unterschiedlich zeigt, sind die Wahrnehmung und auch die grundlegenden Abläufe im Gehirn bei beiden Geschlechtern sehr ähnlich. Dreh- und Angelpunkt ist dabei vor allem der Hypothalamus. Seine Aufgabe ist die Steuerung der Hormone, wodurch er Einfluss auf unseren gesamten Körper hat.
Der Weg dahin
Bevor es zum großen Höhepunkt kommt, passieren jedoch noch einige andere Dinge. Als erstes wird durch die Stimulation der Geschlechtsorgane im Gehirn der genitale sensorische Cortex aktiv – ein Areal unserer Hirnrinde, das etwa in der Mitte unserer Scheitelregion sitzt und für die Verarbeitung von Sinneseindrücken zuständig ist. Durch die Stimulation verschiedener Geschlechtsorgane werden unterschiedliche Regionen des Cortex aktiviert, weshalb die Erregung von mehreren erogenen Zonen gleichzeitig auch zu einem intensiveren Orgasmus führen kann. Ist ein ausgelöster Reiz intensiv genug, wird er in das Zwischenhirn weitergeleitet, wo er den Hypothalamus erreicht. Dieser dient als eine Art Vermittler zwischen dem Nerven- und Hormonsystem.
Hormonschub beim Höhepunkt
Kommt es dann zum Höhepunkt, schüttet der Hypothalamus schlagartig große Mengen an Hormonen aus. Das sogenannte „Kuschelhormon“ Oxytocin ist das, was hauptsächlich das berauschend angenehme Gefühl eines Orgasmus verursacht, wie Forschende in einer Studie herausfanden. Dabei wurde Männern vor dem Sex oder Masturbieren ein oxytocinhemmendes Mittel verabreicht. Daraufhin kamen die Probanden zwar noch zum Orgasmus, fühlten sich jedoch in keiner Weise befriedigt oder glücklich. Zusätzlich trägt das Hormon zur erhöhten Herzfrequenz und zum kurzfristigen Bluthochdruck bei, weitet die Pupillen und fördert besonders nach dem Orgasmus noch die Bindung und das Vertrauen zur anderen Person.
Auch Dopamin wird nicht ohne Grund als „Glückshormon“ bezeichnet. Es wirkt während des Orgasmus ebenfalls erregend und verursacht eine Art Rauschzustand der Glücksgefühle. Indem zusätzlich auch das Hormon Serotonin freigesetzt wird, wird das Schmerzunterdrückungssystem des Körpers aktiviert. Die Schmerzempfindlichkeit nimmt also während des Orgasmus deutlich ab.
Und Schluss
Nach dem Sex trägt Serotonin auch zum Gefühl der Zufriedenheit und Entspannung bei. Um die Rauschwirkung des Dopamins wieder zu beenden, schüttet die Hirnanhangsdrüse zusätzlich das Hormon Prolaktin aus. Dieses ist in der Schwangerschaft und Stillzeit für das Brustwachstum und die Milchproduktion verantwortlich. Gleichzeitig wirkt es aber auch beruhigend. Nach dem Orgasmus hemmt das Prolaktin die Wirkung des Glückshormons und unterstützt das Zufriedenheitsgefühl. Die Aktivität des Hypothalamus nimmt wieder ab.