Die Langsamkeit des Faultiers macht es zu einem der effizientesten Energiesparer unter den Säugetieren. Sie kann das gemächliche Tier sogar vor Feinden schützen.
Unauffälligkeit als bester Schutz
Antilopen, Kaninchen, Fische und Co. fliehen, wenn sie von Fressfeinden verfolgt werden. Faultiere können das mit ihren extrem langsamen Bewegungen jedoch nicht. Denn selbst in Gefahrensituationen bewegen sie sich maximal einigen hundert Meter pro Stunde, ihre Fressfeinde hingegen schaffen bis zu 80 Stundenkilometer. Hinzu kommt, dass Faultiere weder ein gutes Gehör noch einen guten Sehsinn haben und als Einzelgänger auch nicht von Artgenossen gewarnt werden können.
Stattdessen schützt ihr ruhiges, unauffälliges Verhalten die Faultiere. „So ohne auffällige Bewegungen sind Faultiere für Feinde in den Baumkronen kaum auszumachen“, erklärt John Nyakatura von der Universität Jena. Dadurch entgehen sie oft selbst den scharfen Augen der Harpyie – einer großen Adlerart, die in den amerikanischen Regenwäldern nach Beute Ausschau hält.
Gefährlich wird es für die Faultiere nur dann, wenn sie sich doch mal bewegen müssen – weil sie ihren Schlafplatz wechseln, es nicht mehr genug Nahrung auf ihrem Baum gibt oder, wenn das Dreifingerfaultier sein Geschäft verrichtet und dafür vom Baum hinabklettert. Dann sind sie Raubtieren wie dem Jaguar, dem Ozelot oder Riesenschlangen schutzlos ausgesetzt. Der Stuhlgang der Dreifinger-Faultiere am Boden ist sogar so gefährlich, dass rund die Hälfte aller erwachsenen Tiere dabei von Fressfeinden erbeutet wird. Oben im Baum kann sich das Faultier zumindest mit seinen scharfen Krallen und Eckzähnen wehren.
Algen für den Tarneffekt und als Snack für Zwischendurch
Um in den Bäumen noch weniger leicht entdeckt zu werden, machen sich vor allem die Dreifinger-Faultiere zusätzlich andere Lebewesen zu Nutze. Die Vierbeiner gehen eine Symbiose mit Algen ein, indem sie diese in den kleinen Grübchen ihres Rückenfells wachsen lassen und ihnen Sonnenlicht bieten. Dazu gehören zum Beispiel Grünalgen wie Dictyococcus und Chlorococcum.
Der Vorteil für die Faultiere: Je mehr der Algen in ihrem Fell nisten, desto grünlicher schimmert es und desto besser sind die Faultiere in den grünen Blättern der Bäume getarnt. Vor allem in der Regenzeit kommt dieser Tarneffekt zum Vorschein, denn die dicken Haare des Rückenfells speichern dann viel Wasser, was das Wachstum der Algen fördert. Zudem besitzen die Faultiere im Gegensatz zu anderen Säugetieren wie Hunden oder Katzen an ihrem Bauch und nicht auf ihrem Rückenfell einen Scheitel, sodass das Regenwasser nur am Bauch, aber nicht am Rücken schnell abläuft.
Die Algen sind aber nicht nur dank ihrer Farbe hilfreich. Für die Faultiere sind sie auch ein praktischer Snack für zwischendurch: Während der Fellpflege fressen die Dreifinger-Faultiere die fettreichen Algen und erhalten dadurch quasi frei Haus wichtige Ergänzungsstoffe, die sie durch ihre sehr energiearme Blätterkost sonst nicht erhalten.
Eine Motte als Dritter im Bunde
Damit das Grünalgenwachstum noch mehr angekurbelt wird, gehen die Faultiere zudem eine weitere Symbiose ein, wie Forscher um Jonathan Pauli von der University of Wisconsin-Madison herausgefunden haben. Sie lassen nicht nur die Algen und manchmal auch Untermieter wie Schmetterlinge und Käfer in ihrem Fell wohnen, sondern auch Motten – insbesondere aus den Gattungen Cryptoses und Bradipodicola. Diese auch „Faultiermotten“ genannten Insekten leben oft zu Hunderten im zotteligen Deckhaar der Baumbewohner.
Der Vorteil für die Faultiere ist dabei, dass die ausgewachsenen Motten ihren Kot im Fell des Wirts hinterlassen und dabei unter anderem Stickstoff- und Phosphorverbindungen sowie Ammonium in das Deckhaar abgeben. Diese Stoffe versorgen dann die Algen in dem Faultier-Fell, sodass die grüne Tarnung noch verstärkt wird. Damit ist die Dreiecksbeziehung vollständig.
Die Motten profitieren dabei zum einen vom Schutz im Fell, zum anderen aber von der wöchentlichen Kotexkursion der Dreifinger-Faultiere. Denn die befruchteten Weibchen der Motten verlassen während des Stuhlgangs das Fell ihres Wirts und legen ihre Eier in die Exkremente. Von dem Kot ernähren sich dann ihre Larven. Am Ende ihrer Entwicklung fliegen die Nachkommen der Motten als ausgewachsene Insekten ins Kronendach, wo sie dann wieder Faultierfelle suchen, um sich darin zu paaren. Ihr Lebenszyklus ist somit vollständig abhängig vom Verhalten des Faultiers.