Viren machen vor Ländergrenzen nicht halt: dies hat die Ausbreitung der Vogelgrippe von Asien aus bis nach Europa gezeigt. Um sich vor der Seuche zu schützen, ist deshalb nach Ansicht von Seuchenexperten und Politikern eine gemeinsame Strategie aller EU-Länder notwendig.
Die EU stoppte deshalb frühzeitig alle regulären Einfuhren von Geflügelfleisch und lebenden Vögeln aus den vom Virus heimgesuchten Ländern bis auf Weiteres. Am 26. Oktober 2005 kam dann noch ein einmonatiges Importverbot für alle Ziervögel hinzu. „Das heutige Importverbot ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, allerdings kann nur ein dauerhaftes Verbot die vielseitigen Probleme lösen“, so Daniela Freyer von der Umwelt- und Naturschutzorganisation Pro Wildlife. „Der Import von Wildvögeln für den Heimtiermarkt ist völlig unverantwortlich – sowohl in Bezug auf die Vogelgrippe als auch auf den Tier- und Naturschutz“.
Ursache der EU-Entscheidung war der Tod einer mit H5N1 infizierten Venezuelaamazone (Papagei) während der Einfuhrquarantäne in England. Rund 1,8 Millionen Ziervögel wie Papageien, Beos, Finken oder Gimpel aus Afrika, Lateinamerika und Asien gelangen jährlich legal in die EU.
Armes Afrika
Während Deutschland und die anderen Länder der EU zumindest mobil machen gegen die Vogelgrippe, droht die Seuche auf Afrika nahezu ungehindert überzuschwappen. Der Kontinent ist das Ziel- und Überwinterungsgebiet von Millionen von Zugvögeln aus Nordost- und Mitteleuropa – und der Südflug der Vögel hat bereits begonnen.
Die meisten afrikanischen Länder jedoch sind auf den Kampf gegen H5N1 unvorbereitet. Gefährdet sind nach Ansicht von Wissenschaftlern vor allem Äthiopien, Kenia oder Tansania, in denen noch dieses Jahr Zugvögel aus Osteuropa eintreffen. Sie könnten mit dem Geflügelpest-Erreger verseucht sein.
Das Thema Vogelgrippe kam deshalb auch auf der 3. Vertragsstaatenkonferenz des Afrikanisch-Eurasischen Wasservogelübereinkommens Ende Oktober 2005 zur Sprache. Die rund 150 Teilnehmer der Veranstaltung forderten die internationale Staatengemeinschaft dazu auf, die Länder Afrikas auf die Vogelgrippe vorzubereiten. Information der Öffentlichkeit oder eine rasche Entwicklung von Programmen zur Überwachung der Haustiere und der Wildvögel sollten nach Meinung der Konferenzteilnehmer ganz oben auf der Agenda stehen.
„Gerade die Vogelgrippe und ihre mögliche Verbreitung durch den Vogelzug macht deutlich, dass die internationale Zusammenarbeit zum Schutz des Menschen und der Natur dringlicher denn je ist“, kommentierte Bundesumweltminister Jürgen Trittin den Konferenzbeschluss. Die Delegierten aus 52 Ländern sowie von wissenschaftlichen und Nicht-Regierungsorganisationen waren sich einig, dass Tötungsmaßnahmen oder die Zerstörung bekannter Lebensräume von Wildvogelpopulationen zur Verhinderung der Ausbreitung der Epidemie nutzlos sind.
Auch Menschen von Ansteckung bedroht?
Fast überall in den gefährdeten Ländern mangelt es jedoch an Möglichkeiten Hausgeflügel vor dem gefährlichen H5N1-Virus der Zugvögel zu schützen. Hühner oder Enten leben auf der Straße oder sonst wo im Freien und können aus Geldmangel weder „aufgestallt“ noch anderweitig abgeschottet werden. Bis es zu einer Übertragung der Geflügelpest von den Wildvögeln auf das Hausgeflügel kommt, ist nach Ansicht von vielen Experten daher nur eine Frage der Zeit.
Da die Bevölkerung oft mit den Zuchttieren auf engstem Raum zusammenlebt, ist auch eine Ansteckung von Menschen vermutlich kaum zu verhindern.
Stand: 28.10.2005