Angesichts des Mangels an Spenderblut und der geringen Haltbarkeit von Blutkonserven stellt sich die Frage, warum die moderne Medizin nicht schon längst künstliches Blut entwickelt hat. Immerhin können Wissenschaftler dank Gentechnik und Nanotechnologie inzwischen selbst Vorformen von Gefäßen und Organen im Labor züchten und auch bestimmte Blutzellen aus Stammzellen erzeugen. Warum also nicht auch das komplette Blut?

Komplexes Gemisch
Ein Grund dafür ist die schiere Komplexität des Lebenssafts: Unser Blut ist ein komplexes Gemisch aus Zellen, Flüssigkeit und Molekülen mit jeweils bestimmten Aufgaben. Erst durch ihr Zusammenwirken kann das Blut seine vielfältigen Funktionen erfüllen – vom Transport verschiedenster Stoffe über die Abwehr von Eindringlingen bis hin zum Verschluss von Wunden. Für unser unmittelbares Überleben am wichtigsten ist allerdings die Sauerstoffversorgung der Organe und Gewebe.
Zuständig dafür sind die roten Blutkörperchen. Rund 25 Billionen dieser napfförmigen, knapp acht Mikrometer großen Zellen hat jeder Mensch in seinen Adern. Rund vier Monate kreist jeder Erythrozyt in unserem Körper, bevor er ausgemustert und durch ein neues Blutkörperchen ersetzt wird. In dieser Zeit hat das Blutkörperchen Milliarden Sauerstoffmoleküle an sich gebunden, transportiert und wieder abgegeben.
Schlüsselmolekül Hämoglobin
Möglich wird der Sauerstofftransport dadurch, dass das rote Blutkörperchen statt des Zellkerns, der DNA und der Mitochondrien fast nur Hämoglobin enthält. Dabei handelt es sich um einen vierteiligen Proteinkomplex, der in seinem Zentrum ein Eisen-Ion enthält. Dieses gibt dem Blut seine rote Farbe und ermöglicht die Bindung von Sauerstoff. Jedes Hämoglobin-Molekül kann dabei vier Sauerstoffatome an sich binden.