Doch mit den Ergebnissen der Forschergruppe am Lewis & Clark College in Portland war das letzte Wort in dieser Sache nicht gesprochen: Denn Ende 2005 erschienen gleich zwei Veröffentlichungen, die Autumns van-der-Waals-Theorie eindeutig widerlegten.
Eine davon stammt von den Stuttgarter Max-Planck-Forschern um Eduard Arzt und ihren Kollegen der Universitäten des Saarlandes. Gemeinsam war es den Wissenschaftlern gelungen, das Haftverhalten nicht nur einzelner Setae, sondern sogar einzelner Spatulae, der nur 200 Nanometer kleinen Hafthärchen des Geckofußes, gezielt zu analysieren – ein technisches Meisterstück.
Klebemessungen im Atommaßstab
Mithilfe einer Nadelspitze trennten die Forscher dazu zunächst eine einzelne Seta ab und fixierten das isolierte Haar unter dem Binokularmikroskop mittels eines Klebstofftropfens an der Abtastnadel eines Rasterkraftmikroskops. Dieser Tropfen besaß in etwa die Größe der Spitze einer menschlichen Wimper und wurde samt Seta nun in einem „Focussed Ion Beam“-Mikroskop, einem modifizierten Elektronenmikroskop weiter bearbeitet, bei dem der Elektronenstrahl durch einen wesentlich stärkeren Gallium-Ionen-Strahl ersetzt ist.
Mit diesem Ionenstrahl können die Forscher – ähnlich einer Laserkanone, nur viel kleiner – gezielt einzelne Bereiche des Probematerials herausschneiden. In diesem Fall schnitten sie entlang der Seta an jeder Haarverzweigung einen Ast ab und reduzierten so die Anzahl der Spatulae von ursprünglich mehreren hundert auf weniger als fünf.
Arzt und seine Kollegen führten nun verschiedene Versuchsreihen durch: Zum einen testeten sie, wie stark die einzelnen Hafthärchen an Wasser anziehenden beziehungsweise Wasser abweisenden Oberflächen „klebten“, zum anderen, wie sich dieses Haftverhalten bei verschiedenen Luftfeuchtigkeiten und damit einhergehend dem Benetzungsgrad der Oberfläche veränderte. Als Messinstrument diente das Rasterkraftmikroskop, an dessen Spitze die Hafthärchen befestigt waren und gezielt auf die einzelnen Oberflächen abgesenkt wurden.
1:1 unentschieden?
Dabei zeigte sich Überraschendes: Im Gegensatz zu den Ergebnissen der amerikanischen Forscher hafteten die Härchen auf den Wasser anziehenden Oberflächen sehr viel besser als auf Wasser abweisenden. Gleichzeitig verstärkte sich die „Klebkraft“ mit steigender Luftfeuchtigkeit.
„Dieses auffallende Verhalten deutet darauf hin, dass die ultradünnen Wasserschichten zwischen Spatulae und Substrat einen eindeutigen Einfluss auf die Stärke der Haftkräfte ausüben“, so das Fazit von Arzt. Im Klartext hieß das: Nicht nur van-der-Waals-Kräfte, sondern auch Kapillarkräfte sind hier am Werk. Steht es also jetzt unentschieden im Disput um die Haftkräfte des Geckos?
Stand: 23.03.2007