Phänomene

Halloween – Das Fest des Gruselns

Von Kürbisfratzen und Seelen auf Wanderschaft

Wenn an einem trüben Herbstmorgen Nebelschwaden die Welt in gespenstische Schleier hüllen, versteht man, warum sich die Welt der Toten und die der Lebenden dem keltischen Glauben nach gerade besonders nah sein sollen. In der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November soll die Barriere zwischen beiden Welten schließlich so dünn sein, dass die Seelen der Verstorbenen zurück zu ihren Familien kehren können.

Tor zur "Anderswelt"
Diese irische Höhle galt als eines der Tore zur „Anderswelt“, die sich an Samhain öffnen sollten. © Barzac Tatak /CC-by 4.0

Die irischen Kelten feierten zu diesem Anlass das Fest „Samhain“ – den Ursprung des heutigen Halloween. Samhain war aber kein reiner Festtag des Gruselns, sondern markierte auch das Ende der Ernte, den Beginn der kalten Jahreszeit und den Start in ein neues Kalenderjahr.

Wenn das Tor zur Totenwelt offensteht

Wie genau die Kelten der Ankunft der Seelen an Samhain gegenüberstanden, ist nicht eindeutig überliefert. Sie könnten sie ähnlich wie am mexikanischen Día de Muertos als verlorenen Teil der Familie willkommen geheißen, sich aber genauso gut vor ihnen gefürchtet haben. Denn einer Legende nach machten sich die Toten an Samhain auf die Suche nach jenen Lebenden, die im nächsten Jahr sterben sollten.

Wen die Kelten an Samhain aber auf jeden Fall abwehren wollten, waren böse Geister, die ebenfalls ihren Weg aus der „Anderswelt“ gefunden hatten. Mit großen Feuern versuchten die Menschen, sie fernzuhalten, mit kleinen Gaben vor den Häusern, sie zu besänftigen. Auch das halloweentypische Verkleiden hat seinen Ursprung wahrscheinlich in dieser Zeit. Indem die Menschen Tierköpfe und -häute trugen, wollten sie die Geister verscheuchen beziehungsweise sich vor ihnen verstecken.

Kostümierte Kinder
Der Brauch, sich an Halloween zu verkleiden, stammt wahrscheinlich aus der Zeit der Kelten. © SolStock/ Getty Images

Trotz des ernsten Anlasses war aber offenbar auch ein wenig Spaß erlaubt, wie Halloween-Historikerin Lesley Bannatyne gegenüber CNN erklärt: „Die Dorfbewohner versteckten sich hinter ihren Kostümen und spielten sich oft gegenseitig Streiche, gaben aber den Geistern die Schuld. Masken und Verkleidungen wurden als Mittel angesehen, um mit Dingen davonzukommen. Das hat sich im Laufe der Entwicklung von Halloween fortgesetzt.“

Seelenkuchen und Rübenlaternen

Im Zuge der Christianisierung wurde aus Samhain im siebten Jahrhundert schließlich der katholische Feiertag Allerheiligen (All Hallows’ Day). In der Nacht davor fanden aber trotzdem weiterhin keltische Bräuche wie Lagerfeuer und Kostümierungen statt. Aus diesem „All Hallows‘ Eve“, dem Abend vor Allerheiligen, entwickelte sich schließlich das Wort „Halloween“. Bis die Halloween-Traditionen, die wir heute kennen, komplett waren, sollte es allerdings noch eine Weile dauern.

Kinder bitten nach Seelenkuchen
An Halloween von Haus zu Haus zu gehen, geht auf das Bitten nach Seelenkuchen zurück. © St. Nicholas: An Illustrated Magazine for Young Folks, Scribner & Company, Dezember 1882

Dass Kinder an Halloween von Haus zu Haus gehen und dabei nach Süßem oder Sauren bitten, hat sich zum Beispiel erst im 16. Jahrhundert entwickelt – und zwar aus der Armut heraus. In Irland und Großbritannien baten die Kinder an Allerheiligen um Essen und Geld im Gegenzug für Lieder und Gebete. Es war damals üblich, den bettelnden Kindern einen sogenannten Seelenkuchen zu schenken – ein süßes Gebäck mit einem Kreuz auf der Oberseite.

Im 18. Jahrhundert wiederum führte die irische Sage vom „Stingy Jack“ schließlich dazu, dass wir heute gruselige Fratzen in Kürbisse schnitzen. Jack soll zu Lebzeiten den Teufel ausgetrickst haben, wodurch er nach seinem Tod weder im Himmel noch in der Hölle willkommen war. Dazu verdammt, auf ewig durch die Dunkelheit zwischen beiden Orten hin- und herzuwandern, soll Jack eine Rübe ausgehöhlt, ein glühendes Kohlenstück hineingelegt und sich so eine Laterne gebaut haben. Diese Laternenbastelei wurde zum Halloween-Brauch, den irische Siedler wiederum mit in die USA brachten. Die Kürbisse, die sie dort vorfanden, eigneten sich jedoch deutlich besser zum Schnitzen gruseliger Fratzen als Rüben.

Von keltisch zu kommerziell

Heute ist Halloween in den USA einer der am größten zelebrierten Feiertage überhaupt. Um die zehn Milliarden US-Dollar geben die Amerikaner jedes Jahr für Halloween-Kostüme, -Süßigkeiten und -Deko aus. Auch in Deutschland wird das Gruselfest immer beliebter. In einer YouGov-Umfrage aus dem Jahr 2022 gaben 18 Prozent der Befragten an, dass Halloween für sie wichtig ist. 21 Prozent hatten in diesem Jahr vor, Süßigkeiten zu kaufen, zehn Prozent wollten ihr Zuhause mit Halloween-Deko schmücken und neun Prozent planten, Gruselfilme zu schauen.

Doch woher kommt unsere Lust am Gruseln?

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In den Schlagzeilen

Inhalt des Dossiers

Das Halloween-Special
Expeditionen in die Welt des Gruselns

Halloween – Das Fest des Gruselns
Von Kürbisfratzen und Seelen auf Wanderschaft

Der Reiz der Angst
Warum wir uns so gern gruseln

Das Phänomen Zombie
Den willenlosen Untoten auf der Spur

Von Blutsaugern und Blitzen
Zu Besuch bei Dracula und Frankenstein

Der Pfusch der Geisterjäger
Was wissenschaftlich aussieht, ist es nicht immer

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