Dass Riesenschlangen ihre inneren Organe quasi auf Kommando wachsen lassen können, haben Wissenschaftler mittlerweile in zahlreichen wissenschaftlichen Studien bestätigt – und sie haben weitere Beispiele für das Phänomen gefunden.
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Hypertrophie als Überlebenstrick
So wie im Jahr 2005 ein Team um Professor James Hicks von der Universität von Kalifornien in Irvine. Die Forscher entdeckten in einer Studie, dass auch die Herzmuskelmasse von Pythonschlangen innerhalb kurzer Zeit nach dem Fressen um bis zu 40 Prozent steigt. Verantwortlich für das schnelle Herzwachstum ist nach Angaben von Hicks die vermehrte Produktion eines bestimmten Proteins.
Dieses steht in Verbindung mit Zellen, die die Herzmuskelfasern vergrößern und dadurch letztlich auch die Pumpkapazität des Herzens erhöhen. Ein Syndrom, das beispielsweise auch bei Ausdauersportlern vorkommt und als Hypertrophie bezeichnet wird. Beim Menschen dauert dieser Anpassungsvorgang Wochen, wenn nicht Monate.
Herzwachstum im Turbo-Tempo
Die Pythonschlangen dagegen schaffen das innerhalb von 48 Stunden. Dann können sie pro Herzschlag bis zu 50 Prozent mehr Blut durch die Adern und Venen pumpen als unter normalen Bedingungen. Das verbessert unter anderem die Sauerstoffversorgung des Körpers und wirkt sich dadurch positiv auf alle mögliche Lebensvorgänge aus. „Einige Forscher haben von einer 44-fachen Zunahme des Stoffwechsels während der Verdauung berichtet“, konstatierte Hicks dann auch in seiner Studie.
Hoher Kalorienverbrauch
Alle diese raffinierten, aber aufwändigen Verdauungs-Tricks bleiben jedoch nicht ohne Folgen für die Energiebilanz. Ein Drittel bis die Hälfte der aufgenommen Kalorien werden dadurch gleich wieder verbraucht. Dennoch können Riesenschlangen nach einer üppigen Mahlzeit bis zu anderthalb Jahre überleben, ohne wieder Nahrung zu sich zu nehmen.
Warum das so ist, beschreibt der Zoologe Professor Matthias Starck zusammen mit Kollegen so: „Ist das Festmahl zu Ende, beginnt der Python mit dem Heilfasten. Er verbraucht kaum Stoffwechselenergie und erneuert dabei vollständig seine Darmzellen. Somit sind Fastenzeiten nichts anderes als notwendige Erholungsphasen für den Schlangendarm.“
Zurück in den „Normal-Modus“
Aber nicht nur dieser wechselt in den Normal-Modus zurück, auch die anderen „aufgepeppten“ Organe wie Leber, Niere oder Herz schrumpfen nach dem Ende der Verdauung fast genauso schnell wie sie gewachsen sind. Die Mechanismen, die diese umfangreichen Umbauarbeiten in die Wege leiten, sind noch weitgehend unklar und werden derzeit von Forschern weltweit untersucht.
Dieter Lohmann
Stand: 15.10.2010