Medikamente und Operationen mildern zwar die Folgen des für Parkinson typischen Nervenzellsterbens – aufhalten jedoch können sie es nicht. „Wir können die Symptome inzwischen gut kontrollieren, aber keine unserer derzeit verfügbaren Behandlungen packt Parkinson wirklich an der Wurzel“, sagt Daniela Berg vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel.
Trotzdem haben Wissenschaftler die Hoffnung noch nicht aufgegeben, die fortschreitende Neurodegeneration eines Tages doch stoppen oder zumindest verlangsamen zu können. Denn je mehr sie über die Mechanismen hinter der Erkrankung in Erfahrung bringen, desto mehr neue Angriffspunkte tun sich auch für ein mögliches Heilmittel auf.
Wirkstoff verzögert Verklumpung
Seitdem etwa die Rolle der zellgiftigen Alpha-Synuclein-Verklumpungen bekannt ist, versuchen Forscher die schädigende Anhäufung dieser fehlgefalteten Eiweißmoleküle zu unterbinden. Ein entscheidender Schritt in diese Richtung ist vor einigen Jahren einem Team um Armin Giese von der Ludwig-Maximilians-Universität in München gelungen: Sie synthetisierten einen Wirkstoff namens Anle138b, der das Verklumpen der Proteine gezielt verzögert kann.
Erhielten an Parkinson erkrankte Mäuse Anle138b verabreicht, konnten sie ihre Bewegungen deutlich besser koordinieren als ihre unbehandelten Artgenossen. Dabei war der Therapieerfolg umso größer, je früher sie Anle138b verabreicht bekamen. „Durch die Behandlung scheint sich eine Möglichkeit aufzutun, in das Krankheitsgeschehen einzugreifen“, glauben die Forscher. Ob aus dem Wirkstoff ein für den Menschen wirksames Medikament wird, muss sich aber noch zeigen. Derzeit arbeitet das Team daran, Anle138b weiterzuentwickeln und in klinischen Studien erproben zu können.
Naturstoff gegen Parkinson-Toxine
Michele Perni von der University of Cambridge und seine Kollegen haben indes bereits einen weiteren vielversprechenden Wirkstoffkandidaten im Visier: das Steroid Squalamin – ein ursprünglich beim Dornhai entdeckter Naturstoff, der inzwischen auch schon synthetisch herstellbar ist und unter anderem als Mittel gegen Krebs getestet wird.
In Zellkulturversuchen zeigte sich, dass Squalamin das Alpha-Synuclein von den Bindungsstellen an den Synapsen verdrängt. Dadurch kann sich das Protein nicht in Massen anlagern und keine Verklumpungen bilden. Und noch etwas entdeckte das Team: „Zu unserer Überraschung fanden wir Belege dafür, dass das Squalamin nicht nur die Bildung der für Parkinson typischen toxischen Ablagerungen bremst, es macht sie auch weniger toxisch“, berichtet Pernis Kollege Christopher Dobson.
Hoffnung Stammzelltherapie
Interessantes tut sich auch bei einem ganz anderen Ansatz: der Stammzelltherapie. Forscher untersuchen seit vielen Jahren, ob sich das abgestorbene Hirngewebe bei Parkinson-Patienten durch Stammzellen ersetzen lässt. Tatsächlich deuten einzelne Studien darauf hin: So scheinen die transplantierten Ersatzzellen über Jahre hinweg die Arbeit untergegangener Neurone zu verrichten – ohne die parkinsontypischen Krankheitszeichen zu entwickeln.
Weil der Einsatz embryonaler Stammzellen zu solchen Zwecken umstritten ist, experimentieren Wissenschaftler auch mit sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen. Dabei werden Körperzellen des Patienten künstlich in einen Zustand wie im Embryonalstadium zurückversetzt – das heißt, sie können sich erneut zu jedem Zelltyp des Körpers entwickeln, beispielsweise zu Nerven. Forschern ist es mit dieser Methode bereits gelungen, Hautzellen in neue dopaminerge Nervenzellen umzuwandeln und diese ins Gehirn von Mäusen und sogar Affen einzusetzen.
Doch auch auf diesem Gebiet gilt: Es gibt zwar vielversprechende Ergebnisse. Ob dieser Therapieansatz dem Gros der Parkinson-Patienten jedoch tatsächlich eines Tages den erhofften Nutzen bringt und die Erkrankung womöglich sogar stoppen kann, ist derzeit völlig ungewiss. Parkinson an der Wurzel packen – das bleibt zumindest erst einmal Zukunftsmusik.
Daniela Albat
Stand: 04.08.2017