Telefonieren kann nicht nur heiße Ohren, sondern auch ein heißes Gehirn machen – wenn man dabei ein Handy benutzt. Das jedenfalls haben Untersuchungen unter anderem des Bundesamtes für Strahlenschutz schon Anfang der 90er Jahre ergeben. Wie ist diese Erwärmung zu erklären?
Treffen elektromagnetische Wellen auf den Körper eines Menschen oder Tieres, dringen sie je nach ihrer Frequenz unterschiedlich weit ein: Sind es bei den langsamen Wellen eines Radiosenders im Mittelwellenbereich bis zu 30 Zentimeter, geht die Mobilfunkstrahlung mit ihrer bis zu tausend Mal höheren Frequenz dagegen nur wenige Zentimeter unter die Haut.
Einmal im Gewebe angekommen, wirken die Wellen vor allem auf die dort vorhandenen Wassermoleküle. Als elektrische Dipole – Moleküle mit einem positiven und einem negativen Ende – reagieren sie wie winzige Magneten und richten sich an der Polarität der elektromagnetischen Strahlung aus. Da aber diese bei hochfrequenten Feldern mehrere Millionen bis sogar Milliarden Mal in der Sekunde wechselt, reiben und stoßen sich die Wassermoleküle bei ihrer entsprechend schnellen Bewegung gegenseitig an – es entsteht Wärme.
Wie viel Wärme entsteht, hängt nicht nur von der Frequenz sondern auch entscheidend von den elektrische Eigenschaften und Strukturen des betroffenen Gewebes ab. Knochengewebe nimmt die Energie beispielsweise anders auf als gut durchblutetes Muskelgewebe. Dadurch kann auch in unmittelbarer Nähe eines Handys oder einer anderen Strahlenquelle die Absorptionswärme sehr ungleichmäßig verteilt sein. Bei Antennen von Mobiltelefonen sind es vor allem Auge oder Ohr, die am stärksten aufgeheizt werden.
Normalerweise kann der Körper ein Zuviel an Wärme ausgleichen: Es wird mehr Schweiß produziert, der beim Verdunsten kühlt und die Poren der Hautgefäße erweitern sich, so dass mehr Wärme über die Körperoberfläche abgegeben werden kann. Doch dieses System der Temperaturregulation hat auch seine Grenzen. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass eine länger anhaltende starke Überwärmung den gesamten Stoffwechsel und das Nervensystem durcheinander bringen kann.
Viele chemische Reaktionen laufen beispielsweise bei Wärme schneller ab, die feine Abstimmung der einzelnen Stoffwechselschritte gerät dadurch aus dem Takt. Zu große Hitze im Augenbereich, so haben andere Untersuchungen ergeben, fördert die Entstehung von grauem Star und anderen Augenkrankheiten und auch die Entwicklung eines ungeborenen Kindes im Mutterleib kann durch Überwärmung gestört werden.
Aber wieviel Wärme ist zu viel? Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Studien legen nahe, dass eine Erhöhung der Gewebetemperatur um mehr als ein Grad Celsius möglichst vermieden werden sollte. Nach diesem Richtwert wurden auch die zur Zeit gültigen internationalen Grenzwerte festgelegt, die die Dauerbelastung deshalb auf maximal zwei Watt pro Kilogramm Körpergewicht begrenzen. Doch vielen Forschern sind diese Werte noch immer viel zu hoch. Sie sind davon überzeugt, dass die beim Mobiltelefonieren nachgewiesene „Hitzeinsel“ im Gehirn auch bei Werten unterhalb der Grenzwerte schon biologische Folgen haben kann.
Andere Forscher kontern jedoch mit dem Argument, dass sich schon bei einem schnellen Sprint eine Treppe hinauf das Gehirn weit stärker erwärmt, als bei einem Handytelefonat, der Körper also im Rahmen seiner natürlichen Temperaturregulation locker damit fertig werden müsste. Völlig unklar ist allerdings, ob der Körper auch so locker mit möglichen indirekten Effekten der Handystrahlung umgeht…
Stand: 26.08.2000