Die Hauptsorge vieler Staaten ist es, sich einen wirtschaftlichen Nachteil einzuhandeln, wenn sie sich zu ambitionierten Emissionszielen verpflichten. Denn, so ihre Rechnung, der Zwang zum Umstieg auf energieeffiziente und CO2-arme Technologien und Prozesse könnte die Wettbewerbsfähigkeit mindern und das Wirtschaftswachstum bremsen.
Ein Jahr Wachstumsverzögerung bis 2050
Das dem aber nicht so sein muss, haben in den letzten Jahren bereits einige Studien belegt. So auch die im November 2009 vorgestellte europäische RECIPE-Studie (Report on Energy and Climate Policy in Europe). In ihr haben Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und vier weiteren europäischen Forschungsinstituten drei energieökonomische Modelle verglichen und daraus Handlungsempfehlungen für die Klimapolitik abgeleitet.
Das Ergebnis: Werden die Kosten eines aktiven Klimaschutzes und das Wirtschaftswachstum miteinander verrechnet, ergibt sich für Europa bis 2050 eine Wachstumsverzögerung von nur etwa einem Jahr. Das ohne die Kosten des Klimaschutzes prognostizierte Wohlstandsniveau würde statt 2050 somit 2051 erreicht. Dafür entfallen dann die Kosten, die für teure Anpassungsmaßnahmen an die Klimafolgen ausgegeben werden müssten. Diese könnten deutlich höher liegen.
Selbst Alleingang lohnt sich
RECIPE zeigt zudem, dass alle Staaten besser dabei wegkommen, wenn sie jetzt gemeinsam handeln. „Der Schlüssel für einen bezahlbaren Klimaschutz sind verbindliche und umgehend wirksame politische Rahmenbedingungen für das kommende Jahrzehnt“, fasst Ottmar Edenhofer, Chefökonom des PIK und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Vermeidungsstrategien des Weltklimarats (IPCC), das Ergebnis der RECIPE Studie zusammen. „Klimaschutz ist wirtschaftlich verträglich und machbar“, so Edenhofer. „Für Europa macht sich der rechtzeitige Einstieg in einen umfassenden Klimaschutz sogar im Alleingang durch deutlich niedrigere Kosten bezahlt.“
Kopenhagen-Beschluss als Investitionsanreiz?
Und auch der Leiter des UN-Umweltprogramms (UNEP), Achim Steiner, warnte im Vorfeld der Klimakonferenz vor den wirtschaftlichen Konsequenzen – nicht des Klimaschutzes sondern eines Scheiterns der Klimaschutzbemühungen: „Es hängen hunderte von Milliarden Euro, verteilt über die Weltwirtschaft, in einer Warteschleife, weil mit Sorge beobachtet wird, ob die Welt den Sprung in ein CO2-armes Abkommen schafft“, so Steiner. „Wenn dort kein Ergebnis rauskommt, hat das einen lähmenden Effekt auf viele Wirtschaftssektoren und vor allem auf Investitionen.“ Seiner Ansicht nach seien viele Unternehmen unsicher, ob sich Investitionen in CO2-intensive Technologien noch lohnen, scheuten sich aber, in entsprechend CO2-arme Alternativen zu investieren, solange kein Beschluss getroffen sei.
Der neue deutsche Umweltminister, Norbert Röttgen, stieß bei seiner Rede im Bundestag ins gleiche Horn: „Klimaschutz sei kein Apell zum Verzicht, sondern Wachstumspolitik mit anderen Mitteln. „Kopenhagen ist deshalb auch die wichtigste Wirtschaftskonferenz unserer Zeit“, so der CDU-Minister. Ob sich diese Sichtweise auch in Kopenhagen durchsetzt, bleibt abzuwarten.
Nadja Podbregar
Stand: 10.12.2009