Auch bei der Entstehung von größeren Hirndefekten nach einem Schlaganfall scheinen elektrische Synapsen eine wichtige Rolle zu spielen. Vermutlich sorgen die Gap Junctions zwischen den Gliazellen dafür, dass das innere Milieu des Gehirns konstant gehalten wird. Offenbar werden gelöste Substanzen über die Kontakte zwischen den Gliazellen innerhalb des glialen Netzwerkes verteilt. Bei massivem Stress, wie durch einen Schlaganfall ausgelöst, können sich schädliche Stoffwechselprodukte in den Zellen anhäufen.
Werden diese Substanzen dann aber über die Gap Junctions weitergeleitet, können sie auch primär nicht vom Infarkt betroffene Zellgruppen schädigen. Der Vorgang wird als “Bystander-Effekt” (engl.: Beistand) bezeichnet. Im Falle des Hirninfarktes vermittelt dieser „Beistand“ jedoch Zelltod induzierende Faktoren, die letztlich das Infarktareal vergrößern. Auch hier wäre es von Vorteil, die funktionelle Kopplung der glialen Zellen über Gap Junctions zu verringern.
Welche Substanzen freigesetzt werden und wie diese bei einem solchen „negativen Beistand“ weiter geleitet werden, ist bislang noch nicht aufgeklärt. Ihre Auswirkungen können aber beim Hirninfarkt wie auch bei mechanischen Hirnverletzungen dramatisch sein.
Blickt man auf die Entwicklung dieses Forschungszweiges der modernen Neurowissenschaften zurück, so stellt man fest, die elektrische Synapse ist im Bewusstsein der Hirnforscher endlich aus dem Schatten der chemischen Synapse hervorgetreten. Sie wird nicht nur unser Verständnis von der Funktionsweise des Gehirns bereichern, sondern hält auch neue Therapieansätze für eine Reihe von Erkrankungen des Nervensystems bereit.
Stand: 17.12.2004