Christoph Kolumbus war Genueser und damit eigentlich Italiener – dies galt lange Zeit als Dogma, ist heute aber mehr als umstritten. Und auch sein Geburtsdatum liegt nach wie vor im Dunklen. Irgendwann zwischen August und Oktober 1451 muss er das Licht der Welt erblickt haben, so schätzen Historiker, da ein entsprechende Geburtsurkunde oder ein anderes amtliches Dokument fehlen.
Doch wo fand das Ereignis statt? Zahlreiche Orte und Gemeinden bewerben sich um den Titel „Geburtsstadt“ von Christoph Kolumbus – nicht nur in Spanien und Italien, sondern erstaunlicherweise auch in Armenien oder Norwegen. Forscher und Stadtväter glauben in jedem dieser Orte ausreichende Indizien dafür zu haben, dass Kolumbus genau dort geboren wurde.
„Siendo yo nacido en Genoba“ (frei übersetzt: ich wurde in Genoba geboren), behauptet Kolumbus selber in seinem Testament aus dem Jahr 1506. Viel mehr hat er nicht über seine Herkunft preisgegeben. Er zog es Zeit seines Lebens vor, selbst seine Freunde und Bekannten über seinen Geburtsort im Unklaren zu lassen. Warum, ist unbekannt.
Stadt oder Republik Genua?
Doch was ist mit „genoba“ gemeint? Die meisten Forscher gehen davon aus, dass Kolumbus aus der italienischen Hafenstadt Genua stammt. Dafür sprechen unter anderem schriftlich belegte enge Verbindungen des Seefahrers zum Genueser Bankhaus Banco di San Giorgio und zu verschiedenen Kaufleuten der Stadt.
Dokumente beweisen zudem, dass ein Cristoforo Colombo zur fraglichen Zeit als Sohn eines Wollwebers in Genua sein Dasein fristete und später in Lissabon lebte. Ob es sich dabei um den berühmten Entdecker und Seefahrer oder einen Namensvetter handelt, ist jedoch unklar.
Für die Kritiker der Genua-Theorie sind das alles keine Beweise. Die französische Stadt Calvi beispielsweise argumentiert, dass mit „genoba“ keineswegs die Metropole am Ligurischen Meer selber gemeint ist, sondern eher die gleichnamige Republik Genua. Zu dieser gehörte vom 13. Jahrhundert an bis weit nach Kolumbus unter anderem die gesamte Insel Korsika und damit auch Calvi.
In der dortigen Rue du Fil lebten bis ins 18.Jahrhundert Weber, die den Namen Columbus trugen. Kein Wunder, dass die Stadtväter an einem Haus eine Gedenktafel mit dem Hinweis: Geburtshaus des Christoph Colombos angebracht. Calvi bezeichnet sich selbst als "Stadt des Colombos“ und wirbt damit auch um Touristen. Für diese Annahme spricht auch, dass nachweislich viele Calviner an Bord von Kolumbus Schiffen mitfuhren. Zwei von ihnen, die Brüder Minucci wurden später sogar zu Gouverneuren von Panama und Portobello ernannt.
Auch Mallorca kommt in Frage
„genoba“ das sind wir, behauptet auch ein Stadtteil von Palma auf Mallorca. Vor der Eingemeindung in die Touristenmetropole gab es hier einen kleinen eigenständigen Ort, der diesen Namen trug. Für eine spanische aber nicht unbedingt mallorquinische Herkunft von Kolumbus spricht zudem, dass er die meisten seiner Dokumente in kastilischer oder lateinischer Sprache verfasst hat.
Kritiker der Genua-Theorie bringen zudem das hohe Bildungsniveau von Kolumbus und seine Vermählung mit einer Frau aus einem alten Adelsgeschlecht in Portugal im Jahre 1479 ins Spiel. Für einen ehemaligen einfachen Wollweber zur damaligen Zeit, so meinen Historiker, wäre das zumindest ein ungewöhnlicher Aufstieg.
DNA-Tests sollen helfen
Doch wer hat Recht? Vielleicht hilft bei der Antwort auf diese Frage ja ein neues Projekt der Universität von Granada. Die Forscher um Jose Antonio Lorente suchen in verschiedenen spanischen, italienischen und französischen Städten, die als Herkunftsort von Kolumbus in Frage kommen, nach Mitgliedern der Familien Colombo, Colon oder Colomb. Sie nehmen von ihnen Speichelproben und untersuchen diese mithilfe von DNA-Tests. Das Erbgut der Freiwilligen, allesamt potentielle Nachfahren des Entdeckers, soll dann mit der DNA von Kolumbus Sohn Fernando verglichen werden. Dessen sterbliche Überreste befinden sich seit langem in der Kathedrale von Sevilla.
Lorente und seine Kollegen wollen so einen genetischen Stammbaum der Familie Kolumbus erstellen, der zweifelsfrei nachweist, woher der große Entdecker und Seefahrer nun tatsächlich stammte. Pünktlich zum 500 Todestag von Christoph Kolumbus am 20. Mai 2006 sollen die Ergebnisse der Studie vorliegen…
Stand: 19.05.2006