Moderne Luftschiffe ähneln zwar äußerlich durchaus noch ihren Vorbildern aus der großen Ära der Zeppeline. Unter der Hülle jedoch hat sich einiges geändert – aus gutem Grund. Denn die klassischen Luftschiffe waren wegen ihrer Wasserstoffladung zu leicht brennbar, schwer am Boden zu halten, windanfällig und benötigten viel Personal für Betrieb und vor allem Start und Landung. Die modernen Nachfahren der „Hindenburg“ und ihrer Zeitgenossen nutzen modernste Technik, um diese Nachteile zu überwinden.
Das Traggas
Ein Ansatzpunkt ist das Traggas: Weil Wasserstoff als zu gefährlich gilt, verwenden heutige Luftschiffe meist Helium. Dieses ist zwar nicht ganz so auftriebsstark wie Wasserstoff, dafür ist dieses Edelgas nicht so leicht entzündlich. Das Problem jedoch: Während Wasserstoff leicht durch Elektrolyse aus Wasser erzeugt werden kann, sind die Heliumvorkommen begrenzt und das Helium entsprechend teuer. Zurzeit kostet ein Kubikmeter Helium mehr als sieben Euro.
Das macht die Befüllung eines Luftschiffs nicht nur extrem kostspielig, auch die frühere Praxis, bei der Landung einfach Gas abzulassen, kommt aus ökonomischen Gründen nicht in Frage. Moderne Luftschiffe lösen dieses Problem, indem sie das Helium bei der Landung und beim Entladen der Fracht so stark komprimieren und kühlen, dass es schwerer wird als Luft. Dadurch dient es als Ballast.
Doch auch Wasserstoff ist nicht komplett vom Tisch. Nach Ansicht einiger Luftschiff-Experten ist es heute im Gegensatz zur Ära der Hindenburg durchaus möglich, Hüllen und Kammern aus Verbundmaterialien zu konstruieren, die die Feuergefahr minimieren. „Wenn die Entwicklung weiter fortgeschritten ist und sich die Menschen wieder an Luftschiffe gewöhnt haben, werden sie wahrscheinlich wieder zu Wasserstoff wechseln“, prognostiziert Barry Prentice von Buoyant Aircraft Systems International (BASI). Die russische Firma RosAeroSystems soll schon einen chemischen Zusatzstoff entwickelt haben, der Wasserstoff weniger entzündlich macht.
Hybrid-Luftschiffe: Halb Flugzeug und Helikopter, halb Blimp
Eine weitere Neuentwicklung sind Hybrid-Luftschiffe – Vehikel, die nur einen Teil ihres Auftriebs aus dem Helium-Traggas bekommen und daher knapp schwerer sind als Luft. Dadurch sinken sie von selbst zu Boden, wenn die Motoren abgeschaltet werden und benötigen keinen zusätzlichen Ballast. Einige Modelle, wie der Airlander 10 von Hybrid Air Vehicles (HAV), besitzen zudem Antriebsdüsen, die nach oben gedreht werden können und das Luftschiff so aktiv zu Boden drücken.
Für Start und Flug generieren diese Luftschiffe den nötigen Rest-Auftrieb über flugzeugähnliche Flügel und drehbare Triebwerke. Sie verleihen dem Luftschiff auch eine größere Stabilität gegenüber starken Winden, wie HAV-Chefdesigner Andrew Barton erklärt: „Weil wir schwerer sind und wegen des aerodynamischeren Querschnitts des Luftschiffs, haben Querwinde weniger Einfluss als bei traditionellen Blimps. Der Airlander verträgt Winde von bis zu 150 Kilometern pro Stunde.“
Eine weitere Variante solcher Hybrid-Luftschiffe hat das Unternehmen Egan Airships aus Seattle bereits 2017 erfolgreich getestet. Ihr gut acht Meter langer Prototyp ähnelt einem Leichtflugzeug mit aufgeschnalltem Heliumballon. „Sein Design verknüpft Aspekte aller vier existierenden Klassen von Fluggeräten: Flugzeugen, Hubschraubern, Luftschiffen und Drohnen“, so das Unternehmen. Die „Plimp“ getauften Hybrid-Luftschiffe sollen in ihrer unbemannten Form als Werbe- oder Sensorplattformen dienen. Ein weiteres, gut 50 Meter langes Modell soll in naher Zukunft bis zu zehn Personen oder knapp eine Tonne Fracht tragen können.
Autonom und unbemannt
Hinzu kommt eine weitere technische Entwicklung: das autonome Fliegen. Längst sind Drohnen dazu fähig, selbstständig einem Kurs zu folgen und ein Ziel selbst um Hindernisse herum anzusteuern. Diese Technologie könnte in Zukunft auch genutzt werden, um Luftschiffe zu steuern. Ein erster Prototyp eines solchen Drohnen-Luftschiffs, die 15 Meter lange „Phönix“ hat Anfang 2019 ihren Jungfernflug absolviert. Modelle wie dieses sollen künftig als unbemannte Überwachungsplattformen oder Telekomunikations-Relais dienen.
Aber auch große Fracht-Luftschiffe könnten in Zukunft autonom betrieben werden. „Das Risiko würde sich weiter verringern, wenn man auch das Laden und Entladen von Robotern erledigen lässt“, sagt Julian Hunt von Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse in Luxemburg. Er hat kürzlich eine Studie veröffentlicht, nach der es ökonomisch sinnvoll sein könnte, autonome Luftschiffe von der zehnfachen Größe der „Hindenburg“ zum Transport von Fracht und Wasserstoff einzusetzen. Lässt man diese modernen Giganten der Lüfte vom Jetstream um den Globus treiben, könnten sie schneller und günstiger sein als Frachtschiffe.